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Verwaltungsgericht Regensburg

Gericht: VG Regensburg

Aktenzeichen: RN 3 K 04.01408

Sachgebiets-Nr: 0140

Rechtsquellen:

Art. 18 a, 52 Abs. 1 GO;

§ 52 Abs. 1 GmbHG;

§§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG;

Art. 20 Abs. 1 und 3 GG;

Hauptpunkte: Koppelung von Fragen und Bestimmtheit der Fragestellung bei einem Bürgerbegehren
Grenzen der Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsräten kommunaler GmbHs im Gesellschaftsvertrag

Leitsätze:

Die Grenze der Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern einer kommunalen GmbH bestimmt sich in einer Abwägung zwischen dem vom Grundsatz der Öffentlichkeit beherrschten Kommunalrecht, der Funktions- und Kontrollfähigkeit des Aufsichtsrates sowie den berechtigten Ansprüchen von Privatpersonen, des Allgemeinwohls, aber auch den zwingenden Unternehmensinteressen. Das Spannungsverhältnis bundesrechtliches Gesellschaftsrecht und landesrechtliches Kommunalrecht kann im Bereich des § 52 Abs. 1 GmbHG nicht mit dem prinzipiellen Vorrang des bundesrechtlichen Gesellschaftsrechts gemäß Art. 31 GG gelöst werden, da das Bundesrecht selbst eine Öffnungsklausel enthält. Die Öffnungsklausel des § 52 Abs. 1 GmbHG kann auch mit landesrechtlichen Regelungen und Prinzipien ausgefüllt werden.

veröffentlicht in:

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Urteil der 3. Kammer vom 2. Februar 2005


Az. RN 3 K 04.1408

Verkündet am 2.2.2005

***

stv. Urkundsbeamtin

Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg

Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache

1. ***

2. ***

wohnhaft zu 1 und 2: ***

3. ***

***

- Kläger -

bevollmächtigt zu 1 bis 3:

Rechtsanwälte ***

***

gegen

Stadt ***

vertreten durch den Oberbürgermeister

***

- Beklagte -

beteiligt:

Regierung von Niederbayern

als Vertreter des öffentlichen Interesses

wegen

Zulassung eines Bürgerbegehrens zur Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern städtischer GmbHs

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 3. Kammer, unter Mitwirkung von

Vizepräsidenten Dr. Korber

Richter am Verwaltungsgericht Troidl

Richter Dr. Zieglmeier

ehrenamtlicher Richterin ***

ehrenamtlichem Richter ***

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2005 folgendes

Urteil :

I. Die Beklagte wird verpflichtet, das Bürgerbegehren "Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathaus-Politik" mit folgender Frage zuzulassen: "Sind Sie dafür, dass die Stadt *** als Gesellschafter die Gesellschaftsverträge der kommunalen GmbHs ändert, so dass

1.die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratmitglieder beschränkt wird und künftig nur noch für solche Tagesordnungspunkte der Aufsichtsratssitzungen gilt, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen.

2.den Medien alle Tagesordnungspunkte, die nach Abs. 1 nicht länger der Geheimhaltungspflicht unterliegen, bereits vor der jeweiligen Aufsichtsratssitzung unter Angabe des Beratungsdatums mitgeteilt werden.

II.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Parteien ist die Zulässigkeit eines Bürgerbehrens zur Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern städtischer GmbHs. Die Kläger betreiben das Bürgerbegehren "Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathauspolitik".

Bei der beklagten Stadt *** (Einwohner 50.000 bis 100.000; Wahlberechtigte am Einreichungstag 40.516) wurde am 5. Mai 2004 das Bürgerbegehren "Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathauspolitik" mit entsprechenden Unterschriftslisten eingereicht. 2.624 Unterschriften wurden als gültig angesehen.

Das Bürgerbegehren enthielt folgende Fragestellung:

"Sind Sie dafür, dass die Stadt *** als Gesellschafter die Gesellschaftsverträge der kommunalen GmbHs ändert, so dass

1.die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder beschränkt wird und künftig nur noch für solche Tagesordnungspunkte der Aufsichtsratssitzungen gilt, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen?

2.den Medien alle Tagesordnungspunkte, die nach Abs. 1 nicht länger der Geheimhaltungspflicht unterliegen, bereits vor der jeweiligen Aufsichtsratssitzung unter Angabe des Beratungsdatums mitgeteilt werden?"

Die Unterschriftenliste enthielt eine Begründung sowie die Benennung von drei Vertretern.

In der Stadtratssitzung vom 7. Juni 2002 wurde zunächst über den Beschlussvorschlag der Verwaltung abgestimmt, das Bürgerbegehren als unzulässig zurückzuweisen. Der Vorschlag der Verwaltung wurde mit 16:16 Stimmen abgelehnt. Daraufhin stellte ein Stadtratsmitglied der ÖDP folgenden Antrag: "Das Bürgerbegehren "Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathaus-Politik", eingereicht am 5. Mai 2004 und vertreten durch ***, Herrn***, Herrn *** wird gemäß Art. 18 a Abs. 8 der Gemeindeordnung zugelassen." Bei der anschließenden Abstimmung ergab sich ein Stimmverhältnis von ebenfalls 16:16, so dass auch dieser Antrag im Ergebnis abgelehnt war. Im Vollzug der beiden Beschlüsse wurde davon ausgegangen, dass der Stadtrat das Bürgerbehren "Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathaus-Politik" nicht zugelassen habe.

Der Ablehnungsbescheid vom 23. Juni 2004 wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die mit dem Bürgerbegehren angestrebte Änderung der Satzungen der städtischen GmbHs mit dem geltenden GmbH-Recht nicht vereinbar sei. So lasse das GmbH-Recht zwar eine Beschränkung der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsräte durch Satzung zu, jedoch nicht im beliebigen Umfang.

Die Kläger erhoben am 5. Juli 2004 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg.

Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:

Zwischen den Parteien sei lediglich Nr. 2 des Bürgerbegehrens streitig, nach dem die Medien vorab über alle Tagesordnungspunkte bereits vor der jeweiligen Aufsichtsratssitzung unter Angabe des Beratungsdatums informiert werden sollten.

In der nicht zugelassenen Regelung der Nr. 2 des Bürgerbegehrens liege kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung von Aufsichtsratsmitgliedern. Dies ergebe sich aus § 52 Abs. 1 GmbHG, wonach die Geheimhaltung nach §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht zwingend vorgeschrieben sei. Vielmehr könne eine abweichende Regelung in Gesellschaftsverträgen getroffen werden.

Selbst wenn durch die Vorabveröffentlichung der Tagesordnung (Nr. 2 des Bürgerbegehrens) ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht vorliegen sollte, hätte das Bürgerbegehren entsprechend § 139 BGB zumindest in Nr. 1 zugelassen werden müssen. Das Bürgerbegehren richte sich in seinem zentralen Punkt erkennbar auf die Einschränkung der Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder. Es solle dem kommunalen Trend entgegengewirkt werden, Tatsachen, die eigentlich der Öffentlichkeit zugänglich sein sollten, durch die Gründung von GmbHs eben dieser Öffentlichkeit zu entziehen.

Die Kläger beantragen:

1.Der Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2004 wird aufgehoben.

2.Die Beklagte wird verpflichtet, das Bürgerbegehren mit folgender Frage zuzulassen und durchzuführen:

"Sind Sie dafür, dass die Stadt *** als Gesellschafter die Gesellschaftsverträge der kommunalen GmbHs ändert, so dass

1.Die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder beschränkt wird und künftig nur noch für solche Tagesordnungspunkte der Aufsichtsratssitzungen gilt, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen?

2.Den Medien alle Tagesordnungspunkte, die nach Abs. 1 nicht länger der Geheimhaltungspflicht unterliegen, bereits vor der jeweiligen Aufsichtsratssitzung unter Angabe des Beratungsdatums mitgeteilt werden?

3.Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden."

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:

Sie habe das Bürgerbegehren entgegen dem Sachvortrag der Kläger in seiner Gesamtheit, also in beiden Nummern der Fragestellung, abgelehnt. Die durch das streitgegenständliche Bürgerbegehren angestrebte Beschränkung der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsräte sei mit den betreffenden Regelungen des GmbH-Gesetzes (§ 52 GmbHG i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) nicht vereinbar.

Eine Kommune könne zur Erfüllung ihrer Aufgaben sowie zur Verwirklichung ihrer Ziele Organisationsformen sowohl des öffentlichen wie auch des privaten Rechts wählen. Wickle die Kommune einen Teil ihrer Aufgaben in der Rechtsform des Privatrechts ab, so sei sie auch an die entsprechenden privatrechtlichen Regelungen gebunden.

Zwar handle es sich bei § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG um eine dispositive Gesetzesregelung, eine so weitreichende Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht wie sie das streitgegenständliche Bürgerbegehren vorsehe, sei von der gesetzlichen Regelung jedoch nicht mehr umfasst.

So sei auch die Weitergabe von Informationen zu einzelnen Tagesordnungspunkten an Bürger und Medien bereits vor der Sitzung des Aufsichtsrates mit dem Ziel, schon vor der Behandlung und Entscheidung im Aufsichtsrat eine Diskussion in der Öffentlichkeit in Gang zu setzen, mit der Autonomie des Aufsichtsrates als Gesellschaftsorgan unvereinbar. Dies ergebe sich bereits aus der gesetzlich verankerten Nichtöffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen.

Das Bürgerbegehren könne auch nicht teilweise, nämlich beschränkt auf Nr. 1 der Fragestellung, zugelassen werden. Nrn. 1 und 2 des Bürgerbegehrens stünden in einem engen Zusammenhang. Darüberhinaus widerspreche auch Nr. 1 des Bürgerbegehrens den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Regelungen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, der von den Parteien vorgelegten Unterlagen sowie des Protokolls der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die auf Zulassung des Bürgerbegehrens "Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathauspolitik" gerichtete Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 2. Alternative VwGO ist zulässig und begründet.

Das Bürgerbegehren ist zuzulassen, weil es den formellen Anforderungen des Art. 18 Abs. 1 bis 6 GO entspricht und nicht auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist. Es enthält eine ausreichend bestimmte Fragestellung und widerspricht weder dem GmbH-Recht noch den dort in Bezug genommenen Vorschriften des Aktiengesetzes. Nicht entscheiden brauchte das Gericht die Rechtslage bei den Unternehmen in der Rechtsform des sog. Kommunalunternehmens, bei Aktiengesellschaften und bei mitbestimmten GmbHs (mit sog. obligatorischem Aufsichtsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1952, Mitbestimmungsgesetz, Montan-Mitbestimmungsgesetz und dem MitBestErG). Die Aufsichtsratsmitglieder von Aktiengesellschaften haben nach dem Aktiengesetz zwingend über Betriebs-, Geschäftsgeheimnisse und andere vertrauliche Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Nach dem GmbH-Gesetz kann für den fakultativen Aufsichtsrat durch Gesellschaftsvertrag von dieser Verschwiegenheitspflicht abgewichen werden. Der durch das GmbH-Gesetz eröffnete Regelungsspielraum kann insbesondere für die streitgegenständlichen kommunalen GmbHs durch Wertungen des öffentlichen Rechts und hier insb. durch das in Art. 52 und Art. 55 Abs. 2 GO verankerte Öffentlichkeitsprinzip ausgefüllt werden. Art. 31 GG steht dem ebenso wenig entgegen wie die Behauptung, eine stärkere Transparenz gefährde die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrates. Nach dem Dafürhalten der Kammer dürfen die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag die Vertraulichkeit zwar nicht vollständig abschaffen. Insb. nicht, soweit es um berechtigte Ansprüche von Privatpersonen, das Allgemeinwohl und das zwingend entgegenstehende Unternehmensinteresse geht. Diese Grenze wird jedoch vom Bürgerbegehren nicht überschritten. Danach sollen solche Tagesordnungspunkte weiterhin vertraulich behandelt werden, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen.

I.Die Klage ist zulässig.

Die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alternative VwGO ist die statthafte Klageart, da die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nach Art. 18 a Abs. 8 GO nach vorzugswürdiger Ansicht einen Verwaltungsakt darstellt (BayVGH, BayVBl. 1997, 622). Unbestritten ist dies jedoch nicht. Nach anderer Ansicht ist die Zulässigkeitsentscheidung eine intern wirkende Entscheidung. Es soll danach an der Außenwirkung der Zulässigkeitsentscheidung fehlen (so Jaroschek, BayVBl. 1997, 39; Bauer/Böhle/Masson/Samper, Stand September 2004, Art. 18 a GO RdNr. 19). Würde man letztgenannter Ansicht folgen, so wäre der vorliegende Rechtsstreit nach den Grundsätzen des "Kommunalverfassungsstreits" zu beurteilen. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass man das Bürgerbegehren (bzw. das unterstützende Quorum) als besonderes Organ der Gemeinde ansehen könnte, dem anstelle des Gemeinderats bestimmte Kompetenzen eingeräumt sind. Da jedoch das Verhältnis zwischen Gemeinde bzw. repräsentativ verfassten Gemeindeorganen und den Gemeindebürgern betroffen ist, ist dieser Ansicht nicht zu folgen. Deshalb ist die Entscheidung des Stadtrates als Verwaltungsakt zu qualifizieren.

Aus Art. 18 a Abs. 8 Satz 2 GO ergibt sich, dass den Vertretern des Bürgerbegehrens ein eigenes Recht auf Zulassung des Bürgerbegehrens zusteht (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Ein Vorverfahren war nach Art. 18 a Abs. 8 Satz 2 GO i.V.m. § 68 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2, 1. Alternative VwGO nicht durchzuführen.

Die Vertreter des Bürgerbegehrens sind gemäß § 61 Nr. 2 VwGO i.V.m. dem ihnen durch Art. 18 a Abs. 13 Satz 2 GO eingeräumten Recht beteiligtenfähig, sie sind nur gemeinsam handlungsfähig (Gesamtvertretung, § 54 Satz 1, § 710 Satz 2, § 709 Abs. 1 BGB analog).

II. Die Klage ist auch begründet. Der Stadtrat der Beklagten hat das Bürgerbegehren zu Unrecht nicht zugelassen. Die Beklagte ist verpflichtet, das Bürgerbegehren zuzulassen. Die Zurückweisung des Bürgerbegehrens mit Stadtratsbeschluss vom 7. Juni 2004 war zwar formell rechtmäßig, erfolgte jedoch unter Verstoß gegen Vorschriften des materiellen Rechts. Daraus ergibt sich die Verpflichtung der Stadt, ihren Ablehnungsbescheid vom 23. Juni 2004 aufzuheben, ohne dass dies zwingend im Urteilstenor ausgesprochen werden musste.

1.Die Abstimmung in der Stadtratssitzung vom 7. Juni 2004 erfolgte zwar unter Verstoß gegen § 31 Abs. 7 der Geschäftsordnung für den Stadtrat ***, dieser Verstoß führte aber nicht zur Rechtswidrigkeit des Stadtratsbeschlusses.

Nach § 31 Abs. 7 der Geschäftsordnung kann über einen bereits zur Abstimmung gebrachten Antrag die Beratung und Abstimmung nicht nochmals aufgenommen werden, wenn nicht deren sofortige Wiederholung durch alle Mitglieder verlangt wird, die an der vorigen Abstimmung teilgenommen haben. In der Sitzung vom 7. Juni 2004 wurde zunächst über den Beschlussvorschlag der Verwaltung, das Bürgerbegehren als unzulässig zurückzuweisen, abgestimmt. Der Vorschlag der Verwaltung wurde mit 16 : 16 abgelehnt (Art. 51 Abs. 1 Satz 2 GO). Darauf stellte ein Stadtratsmitglied der ÖPD den Antrag: "Das Bürgerbegehren "mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathauspolitik", eingereicht am 5. Mai 2004 und vertreten durch Frau ***, Herrn ***, Herrn *** wird gemäß Art. 18 a Abs. 8 GO zugelassen." Bei der anschließenden Abstimmung ergab sich ein Abstimmungsverhältnis von ebenfalls 16 : 16 Stimmen, so dass auch dieser Antrag abgelehnt war.

Zwar wurde nicht über den identischen Antrag erneut abgestimmt. Bei dem zweiten Antrag handelt es sich jedoch um das kontradiktorische Gegenteil des ersten Antrags, so dass dieser zweite, lediglich formal abgeänderte Antrag in derselben Sitzung nicht nochmals ohne Weiteres zur Abstimmung gebracht hätte werden dürfen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass alle Stadtratsmitglieder, die an der ersten Abstimmung teilgenommen hatten, die sofortige Wiederholung beantragt haben. Zwar gibt es auch konkludente Stadtratsbeschlüsse. Vorliegend hätte jedoch zur Klarstellung vor der zweiten Abstimmung ein ausdrücklicher Stadtratsbeschluss über die Geschäftsordnungsfrage ergehen müssen, ob alle Mitglieder mit einer erneuten Abstimmung einverstanden sind. Da dies nicht geschehen ist, ist die Zurückweisung des Bürgerbegehrens unter Verstoß gegen § 31 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Stadtrats *** zustande gekommen.

Dieser Verstoß gegen die genannte Geschäftsordnungsvorschrift führt jedoch nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides vom 23. Juni 2004. Die Geschäftsordnung eines Stadtrats gestaltet nur die Binnenrechtsbeziehungen innerhalb des Vertretungsorgans Stadtrat durch von ihm selbst aufgestellte Regeln, stellt aber im Grundsatz kein Außenrecht dar (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 15.9.1987- 7 N 1.87, DVBl. 1988, 790; OVG Münster, NVwZ-RR 1997, 184; Widtmann/Grasser, Stand Oktober 2003, Bayerische Gemeindeordnung, Art. 45 RdNr. 8). Ein unter Verstoß gegen eine interorganschaftliche Regelung getroffener Stadtratsbeschluss führt nicht im Außenverhältnis zum Bürger zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses. Anderes gilt, wenn und soweit die Geschäftsordnung zwingende rechtsnormative, d.h. in formellen Gesetzen und Rechtsverordnungen enthaltene, Regelungen wörtlich oder der Sache nach wiedergibt. Derartige Rechtsnormen sind ohne weiteres Außenrecht. Verstöße gegen solche "qualifizierte" Vorschriften der Geschäftsordnung stellen zugleich Verstöße gegen Außenrechtsnormen dar und führen deshalb zur Rechtswidrigkeit eines davon betroffenen Stadtratsbeschlusses (vgl. dazu auch Erlenkämper, NVwZ 1994, 440, 445)

Nach Auffassung des Gerichts spricht viel übrigens dafür, dass durch den ersten Beschluss das Bürgerbegehren zugelassen war. Hätte der Oberbürgermeister dessen Vollzug und damit den Zulassungsbescheid verweigert, hätten die Antragsteller des Bürgerbegehrens sich an die Rechtsaufsichtsbehörde wenden sollen.

2.Da die formellen und materiellen Voraussetzungen des Bürgerbegehrens vorliegen, ist dieses zuzulassen.

a) Nach den übereinstimmenden Angaben der Prozessparteien wurde eine nach Art. 18 a Abs. 6 GO ausreichende Zahl von Unterschriften auf Unterschriftslisten beim Oberbürgermeister eingereicht (Art. 18 a Abs. 5 und 6 GO). Die Unterschriftslisten sind mit "Bürgerbegehren" überschrieben und enthalten somit den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids.

Die Unterschriftslisten tragen eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung sowie eine Begründung, aus der sich die Zielsetzung des Bürgerbegehrens ergibt.

Der Zulässigkeit des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens steht nicht entgegen, dass dieses zwei Fragen miteinander gekoppelt hat. Nach Art. 18 a Abs. 6 Satz 1 GO muss das Bürgerbegehren eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung enthalten. Damit stellt sich die Frage, ob sich ein Bürgerbegehren nur auf eine einzige Maßnahme beziehen darf oder ob die mit dem Bürgerbegehren unterbreitete einzige Fragestellung verschiedene (Teil-)Maßnahmen umfassen kann. Die Problematik wurzelt darin, dass ein Bürger, der die erste Frage bejahen, die zweite aber verneinen möchte, vor die Entscheidung gestellt wird, beide Fragen nur einheitlich mit Ja oder Nein zu beantworten. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Entscheidung der Zulassung eines Volksbegehrens ausgeführt, "unter dem Blickwinkel des demokratischen Prinzips und des in Art. 7 Abs. 2 BV garantierten Grundrechts des Bürgers auf Mitwirkung am Volksgesetzgebungsverfahren sei es erforderlich, dass der Bürger bei den Abstimmungen ein Höchstmaß an Abstimmungsfreiheit habe und seinen Willen so differenziert wie möglich zur Geltung bringen könne (BayVerfGH vom 24.2.2000 - Vf. 112-IX-99, BayVerfGH 53, 23 = BayVBl. 2000, 306). Dies wäre nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes dann nicht zu verwirklichen, wenn der Bürger gezwungen wäre, über mehrere, sachlich nicht zusammenhängende Regelungsvorschläge eines Volksbegehrens "im Paket" abzustimmen. Nach vorzugswürdiger Ansicht dürften diese verfassungsrechtlichen Grundsätze zum Koppelungsverbot auf kommunale Bürgerbegehren übertragbar sein (ausführlich dazu Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: 1 Oktober 2004, 13.04, RdNr. 4). Es kommt also entscheidend darauf an, ob zwischen den Fragen 1 und 2 des Bürgerbegehrens ein sachlicher Zusammenhang besteht. Dies beurteilt sich vornehmlich danach, ob die Fragen inhaltlich eng zusammenhängen, also eine Einheit der Materie gegeben ist und sie einer gleichmäßigen Beurteilung dahingehend zugänglich sind, dass die Bejahung oder Verneinung einer Frage auch die Bejahung oder Verneinung der übrigen Fragen indiziert (vgl. dazu auch Verwaltungsgericht Regensburg, Urt. vom 6.11.1996 RN 3 K 96.0988). Dieser innere Zusammenhang ist zwischen den zwei Fragen des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens gegeben. So bezieht sich bereits der Wortlaut von Frage 2 auf die Frage 1 des Bürgerbegehrens. Danach sollen nur solche Tagesordnungspunkte an die Medien weitergegeben werden, die nach Frage 1 nicht länger der Geheimhaltungspflicht unterliegen. Bei wohlwollender Auslegung könnte die Frage 2 auch bereits von Frage 1 des Bürgerbegehrens umfasst sein. Frage 2 kommt vorliegend nur die Funktion einer Klarstellung zu und stellt damit lediglich einen Annex zur Frage 1 dar.

Des Weiteren sind auch die Namen der drei Vertreter des Bürgerbegehrens auf den Unterschriftslisten vermerkt (Art. 18 a Abs. 4 GO).

Eine weitere - ungeschriebene - aber aus Sinn und Zweck des Bürgerbegehrens folgende - Voraussetzung für die Zulassung eines Bürgerbegehrens ist eine ausreichend bestimmte Fragestellung (vgl. Masson/Samper, Stand September 2004, Art. 18 a GO RdNr. 10). Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass erkennbar ist, welchen Inhalt die spätere, durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben wird (BayVGH, BayVBl. 1997, 276). Das ist vor allem deshalb wichtig, weil Bürgerbegehren und Bürgerentscheid Instrumente einer direkten demokratischen Willensbildung darstellen, und sich der Wille der Bürger im Hinblick auf eine konkrete Entscheidung herausbilden muss. Auf der anderen Seite darf von einem Bürgerbegehren unter sprachlichen Aspekten aber auch nicht zu viel erwartet werden, wenn seine Funktion nicht gefährdet werden soll. Zwischen Formulierung und Inhalt besteht naturgemäß ein enger Zusammenhang (so Becker/Bomba, BayVBl. 2002, 167 ff.). Nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind die inhaltlichen Forderungen nicht zu eng zu bestimmen. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass die Fragestellung des Bürgerbegehrens so konkret ist, dass nur noch der Vollzug der Entscheidung durch den Bürgermeister zur Umsetzung des Bürgerentscheids notwendig ist. Bedarf an weiteren ausführenden Entscheidungen, die nach der Zuständigkeitsverteilung der Art. 29, 36 und 37 GO dem Gemeinderat obliegen, schließt eine ausreichende Bestimmtheit und Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht aus (so ausdrücklich BayVGH, BayVBl. 1997, 267, 277). Auch dieser Anforderung wird das streitgegenständliche Bürgerbegehren gerecht.

Dieses ist zwar in einigen Punkten "offen" formuliert. So schreibt das Bürgerbegehren gerade keinen Verfahrensablauf vor. Es lässt offen, wer letztendlich entscheidet, ob und wie lange ein Tagesordnungspunkt zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedarf. Des Weiteren erschließt sich aus der Fragestellung nicht ohne weiteres, welche Gegenstände zum Wohl des Unternehmens zwingend weiterhin der Verschwiegenheit bedürfen (zu denken ist z.B. an Personalangelegenheiten oder Auftragsvergaben). Für den Bürger ist jedoch trotz dieser offenen Formulierung des Bürgerbegehrens klar, welchen Inhalt die spätere, durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben soll. Es geht vorliegend um die "Grundsatzentscheidung", dass die Aufsichtsratsmitglieder einer kommunalen GmbH von ihrer Verschwiegenheitspflicht nach § 52 Abs. 1 GmbH-Gesetz i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2, § 116 Abs. 1 Satz 1 AktG befreit und die nicht der Verschwiegenheit unterliegenden Tagesordnungspunkte vor der jeweiligen Aufsichtsratssitzung den Medien mitgeteilt werden sollen. Dieses Grundanliegen des Bürgerbegehrens ist bestimmt und auch für den Bürger verständlich. Dass das Bürgerbegehren noch Umsetzungsakte bedarf, schadet der Bestimmtheit nicht, sondern bietet der Beklagten vielmehr die Chance, einen eigenständigen Verfahrensablauf zu entwickeln und in Selbstverantwortung beispielsweise einen Katalog von Tatbeständen aufzustellen, bei denen das Bestehen der Geheimhaltungspflicht indiziert wird. Dass ein Bürgerbegehren entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urt. vom 25.10.1976 I 561/76, BWVPr 1977,10) nicht notwendigerweise einen vollziehbaren Inhalt haben muss, ergibt sich auch aus einem systematischen Verständnis von Art. 18 a Abs. 13 GO. Danach hat ein mit einem Bürgerbegehren erzwungener Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses. Daraus ergibt sich, dass die im Bürgerbegehren/entscheid zu entscheidenden Fragestellungen nur so konkret formuliert sein müssen wie die Beschlüsse des Gemeinderates selbst. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass sich Gemeinderatsbeschlüsse darauf beschränken können, allgemeine Ziele zu formulieren (vgl. nur Hess. VGH, Beschl. vom 23.11.1995-6 TG 3539/95, NVwZ-RR 1996,406). Deshalb können an ein Bürgerbegehren keine strengeren Anforderungen gestellt werden. So kam auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass auch - und gerade - Grundsatzentscheidungen, die noch der Ausführung und Ausfüllung durch spätere Detailentscheidungen bedürfen, einem Bürgerentscheid zugänglich sind (BayVGH, Urt. vom 19.2.1997 Az. 4 B 96.2928, VwRR BY 1997, 75 = VGH n.F. 50, 42 = BayVBl. 1997, 276 = SST 1997, RdNr. 161). Um eine solche Grundsatzfrage geht es bei dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren. Die Beklagte soll von der durch § 52 Abs. 1 GmbHG eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen, in den jeweiligen Gesellschaftsverträgen die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder der kommunalen GmbHs zu beschränken. Dieses Grundanliegen des Bürgerbegehrens ist klar und unmissverständlich und kann somit auch Inhalt eines möglichen Stadtratsbeschlusses und damit eines Bürgerentscheids sein. Dass für die Umsetzung noch Detailregelungen getroffen werden müssen (z.B. Verfahrensgestaltung und Katalog von Gegenständen, die in der Regel der Geheimhaltungspflicht unterliegen) schadet nicht. Der Bedarf an weiteren ausführenden Entscheidungen schließt eine ausreichende Bestimmtheit und damit die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht aus. Darüberhinaus ist in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft allgemein anerkannt, dass an die Bestimmtheit und sprachliche Abfassung der Fragestellung keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Das Rechtsinstitut Bürgerbegehren/Bürgerentscheid ist so angelegt, dass die Fragestellung von Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnisse formuliert werden können soll (vgl. BayVGH, Urt. vom 5.2.1997 Az.: 4 B 96.2928; so auch Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Rechtsstand: 1.10.2004, Erl. 7c) zu 13.04). Es kann deshalb notwendig sein und ist zulässig - wie bei Willenserklärungen und Gesetzen auch -, den Inhalt einer Frage des Bürgerbegehrens durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung hält die Rechtsprechung eine "wohlwollende Tendenz" für gerechtfertigt, weil das Rechtsinstitut Bürgerbegehren für die Bürger handhabbar sein soll, solange nur das sachliche Ziel des Bürgerbegehrens klar erkennbar ist. Diese "wohlwollende Tendenz" spricht für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens im vorliegenden Fall.

Das Bürgerbegehren ist - auch nicht in einem Teilbereich - auf eine objektiv unmögliche Maßnahme gerichtet. Nach wohl überwiegender Ansicht sind auch im Bereich des Bürgerbegehrens die Grundsätze des allgemeinen Schuldrechts anzuwenden (vgl. hierzu auch den in § 275 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken). Da Unmögliches nicht verlangt werden kann, müsste in diesem Fall das Bürgerbegehren als unzulässig zurückgewiesen werden (Thum a.a.O. Erl. 7b zu 13.04).

Unmögliches würde von der Beklagten verlangt, wenn diese alleine die jeweiligen Gesellschaftsverträge gar nicht ändern könnte. Dies wäre insb. der Fall, wenn die Beklagte nicht Alleingesellschafterin der jeweiligen kommunalen GmbHs wäre, sondern nur Minderheitsgesellschafterin, also nur Mitgesellschafterin wäre und nicht eine Dreiviertelmehrheit in der jeweiligen Gesellschafterversammlung besäße. Aus § 53 Abs. 1 GmbH-Gesetz ergibt sich, dass eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages nur durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen kann. Nach § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbH-Gesetz ist für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages eine Mehrheit von Dreiviertel der abgegebenen Stimmen notwendig. Besäße die Stadt jedoch keine Dreiviertelmehrheit in der Gesellschafterversammlung, wäre es ihr unmöglich, ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag rechtswirksam zu ändern. Ob in diesen Fällen die Kommune eine Einwirkungspflicht auf die jeweils anderen Gesellschafter trifft bzw. ob das Bürgerbegehren insoweit unzulässig wäre, braucht das Gericht vorliegend nicht zu entscheiden, da die Beklagte bei den in Betracht kommenden GmbHs (insb. Stadtwerke *** GmbH, Grundstücksverwertungsgesellschaft *** GmbH und Wohnungsaufbau *** GmbH) Allein- bzw. bei der Schlachthof *** GmbH Mehrheitsgesellschafterin ist. Damit liegt es im Machtbereich der Beklagten, die Gesellschaftsverträge eigenständig zu ändern.

b) Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens "Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathauspolitik" setzt sich die Beklagte nicht in Widerspruch zur Rechtsordnung. Mit der Eingrenzung der Verschwiegenheitspflicht für Aufsichtsräte einer kommunalen GmbH (Frage 1) wird der Regelungsspielraum von § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht in rechtswidriger Weise verletzt. Die als Annex zu behandelnde Frage 2 verstößt ebenfalls nicht in rechtswidriger Weise gegen die zwingenden Vorschriften bzw. Grundsätze des GmbH-Gesetzes. In welchem Umfang die zwingende Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft (§ 93 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 116 AktG) durch die Öffnungsklausel des § 52 Abs. 1 GmbHG bei Aufsichtsratsmitgliedern einer kommunalen GmbH gelockert werden kann, bestimmt sich in erster Linie nach dem vom Öffentlichkeits- und Transparenzprinzip geprägten Kommunalrecht unter besonderer Berücksichtigung der Funktionsfähigkeit und Autonomie des jeweiligen Aufsichtsrates und den berechtigten Ansprüchen Privater, des Allgemeinwohls aber auch der zwingenden Unternehmensinteressen.

Die Frage 1 des Bürgerbegehrens ist auf kein rechtswidriges Ziel gerichtet. Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheidet nach Art. 18 a Abs. 8 Satz 1 GO der Gemeinderat. Im Verwaltungsstreitverfahren ist die Zulässigkeit vom Gericht zu prüfen. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sind nicht nur die Voraussetzungen des Art. 18 a Abs. 1 bis 7 GO zu prüfen, insbesondere die Fragestellung und die Begründung des Bürgerbegehrens, die Vertreter und das Quorum. Die Zulässigkeitsprüfung erstreckt sich vielmehr auch auf die Frage, ob die Maßnahmen, die mit dem Bürgerbegehren erreicht werden sollen - die verfolgten Ziele - mit der Rechtsordnung in Einklang stehen (vgl. dazu Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: 1.10.2004, Erl. 1 b) zu 44.01). Diese umfassende materielle Prüfung hat zur Folge, dass ein auf ein rechtswidriges Ziel gerichtetes Bürgerbegehren unzulässig ist. Der Wortlaut des Art. 18 a Abs. 8 Satz 1 GO spricht weder eindeutig für eine Überprüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens allein nach den Voraussetzungen des Art. 18 a Abs. 1 bis 7 GO noch für eine umfassende Prüfung, die sich auch auf die Rechtmäßigkeit der Ziele des Bürgerbegehrens erstreckt. Auch die Systematik des Art. 18 a GO bestätigt weder die eine noch die andere Auffassung. Für eine umfassende Prüfung der Zulässigkeit, die sich auch auf die Rechtmäßigkeit der Ziele des Bürgerbegehrens erstreckt, sprechen jedoch die aufgrund teleologischer Auslegung zu ermittelnden Zielsetzungen des Art. 18 a Abs. 8 Satz 1 GO. Der Gemeinderat muss über die Zulassung des Bürgerbegehrens vor der Durchführung des Bürgerentscheids entscheiden. Die Gemeinde selbst und nicht etwa die Rechtsaufsichtsbehörde soll für rechtmäßige Zustände sorgen. Würde der Gemeinderat die Zulässigkeit nur nach den Voraussetzungen des Art. 18 a Abs. 1 bis 7 GO prüfen, müsste auch ein Bürgerbegehren zugelassen werden, dessen Ziele der Rechtsordnung widersprechen und darüber ein Bürgerentscheid herbeigeführt werden. Ein solchermaßen rechtswidriger Bürgerentscheid, der nach Art. 18 a Abs. 13 Satz 1 GO die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses hat, müsste vom 1. Bürgermeister beanstandet und, soweit erforderlich, von der Rechtsaufsichtsbehörde (Art. 110 GO) aufgehoben werden. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen haben jedoch nur eine Ersatzfunktion in Fällen, in denen die zuständigen Gemeindeorgane nicht selbst rechtmäßige Zustände herstellen. Eine nur teilweise Prüfung der Zulässigkeit hätte zur Folge, dass die Rechtsaufsichtsbehörde nicht nur Entscheidungen der Gemeinde überprüfen, sondern anstelle der Gemeinde erstmals die Rechtmäßigkeit der Ziele des Bürgerbegehrens prüfen würde (vgl. Thum, Kommunalpraxis BY 1997, 296/298). Eine umfassende Zulässigkeitsprüfung stellt sicher, dass der Bürgerentscheid nicht mit erheblichem politischen Engagement der Bürger und einem hohen Verwaltungs- und Kostenaufwand für die Gemeinde durchgeführt wird, obwohl von vornherein absehbar ist, dass der Bürgerentscheid, sollte er erfolgreich sein, wegen Rechtswidrigkeit keinen Bestand haben kann. Es liegt auch im Interesse der Vertreter des Bürgerbegehrens, dass bereits zu einem verhältnismäßig frühen Zeitpunkt im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung durch den Gemeinderat die Rechtmäßigkeit der Ziele des Bürgerbegehrens mitgeprüft wird. Damit musste das Gericht auch prüfen, ob das Bürgerbegehren auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.

Die durch Frage 1 begehrte Änderung der Gesellschaftsverträge dahingehend, dass die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder kommunaler GmbHs beschränkt wird und künftig nur noch für solche Tagesordnungspunkte der Aufsichtsratssitzungen gelte, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen, ist mit den geltenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften - insb. den § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 1 AktG - vereinbar, soweit es sich um Gesellschaften mit einem fakultativen Aufsichtsrat handelt. In dem mitbestimmten Aufsichtsrat einer GmbH - unabhängig ob nach Betriebsverfassungsgesetz 1952, dem Mitbestimmungsgesetz 1976, dem Montanmitbestimmungsgesetz oder dem MitbestimmungsErg. - werden Umfang und Grenzen der Verschwiegenheitspflicht zwingend durch das Gesetz bestimmt (sog. obligatorischer Aufsichtsrat). Bei obligatorischen Aufsichtsräten kann weder durch Satzung noch durch Gesellschaftsvertrag oder eine Geschäftsordnung die Schweigepflicht gemildert werden (vgl. Scholz, GmbHG, 9. Auflage, § 52, RdNr. 344). Von der grundsätzlich zwingenden Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kann durch Gesellschaftsvertrag gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG, also nur bei einem fakultativen Aufsichtsrat abgewichen werden. Der fakultative Aufsichtsrat nach § 52 Abs. 1 GmbHG greift unter drei Voraussetzungen ein. Es darf keine gesetzliche Pflicht zur Bestellung eines Aufsichtsrates bestehen (z.B. nach Betriebsverfassungsgesetz 1952, Mitbestimmungsgesetz, Montan-Mitbe­stim­mungs­ge­setz, MitbestimmungsErg.). Eine derartige gesetzliche Verpflichtung besteht jedoch bei keiner der kommunalen GmbHs der Stadt ***, da die Grenze von 500 bzw. 2000 Arbeitnehmern von keiner der in Streit stehenden GmbHs überschritten wird. Auch die größte kommunale GmbH der Stadt ***, die Stadtwerke *** GmbH liegt mit z. Zt. 336 Arbeitnehmern deutlich unter dem Schwellenwert von 500. Ferner muss nach dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung ein "Aufsichtsrat" zu bestellen sein (§ 52 Abs. 1 GmbHG). Andernfalls kommt § 52 GmbHG jedenfalls nicht direkt zur Anwendung. Sieht die Satzung ein anderes aufsichtsrats-ähnliches Gremium vor, z.B. einen Beirat oder einen Verwaltungsrat, kann je nach den Umständen eine analoge Anwendung von § 52 Abs. 1 GmbHG in Frage kommen, etwa wenn der Beirat aufsichtsrats-ähnliche Funktionen wahrnehmen soll. Die Terminologie für das jeweilige Gremium kann nicht entscheidend sein. Es kommt vielmehr auf die tatsächliche Funktion an (so auch Zöllner in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Auflage, § 52, RdNr. 13). Dementsprechend sind die Regelungen über den fakultativen Aufsichtsrat auch für die Grundstücksverwertungsgesellschaft *** GmbH - zumindest analog - anwendbar. Nach §§ 8, 10 des einschlägigen Gesellschaftsvertrages der Grundstücksverwertungsgesellschaft GmbH ist ein Beirat zu bilden. Aus § 11 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages ergibt sich, dass der Beirat die Geschäftsführung zu beraten und zu überwachen hat. Ihm sind damit Aufgaben zugewiesen, die typischerweise vom Aufsichtsrat vorgenommen werden. Schließlich darf durch Gesellschaftsvertrag das Eingreifen der in § 52 Abs. 1 GmbHG in Bezug genommenen Normen des Aktiengesetzes nicht ausgeschlossen sein. All diese Voraussetzungen erfüllen die kommunalen GmbHs der Stadt ***.

Ungeklärt ist die Frage, in welchem Ausmaß bei einem fakultativen Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH durch Gesellschaftsvertrag die Verschwiegenheitspflicht eingegrenzt werden kann. Diese Frage ist weder obergerichtlich noch höchstrichterlich entschieden. Auch in der Literatur ist diese Problematik nicht ausdiskutiert (mit einigen Ansatzpunkten Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2566). Einigkeit besteht im überwiegenden Teil der Rechtswissenschaft lediglich in dem Punkt, dass die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber den Gesellschaftern nicht gilt (vgl. dazu Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Auflage, § 52 RdNr. 20). Der Wortlaut des § 52 Abs. 1 GmbHG spricht nur davon, dass durch Gesellschaftsvertrag von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG abgewichen werden kann. Für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH, bei der die öffentliche Hand nicht Gesellschafterin ist, wird die Grenze der Öffnungsklausel für die Verschwiegenheitspflicht nach § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG von den Kommentatoren unterschiedlich weit gezogen. Eine Strömung in der Literatur geht davon aus, dass eine vollständige Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht unzulässig sei (vgl. Michalski, GmbHG, Band II, 2002, § 52, RdNr. 183; Schneider, in: Scholz, GmbHG, 9. Auflage, § 52, RdNr. 356). Begründet wird diese Ansicht damit, dass die Aufsichtsratsmitglieder bereits aufgrund ihrer allgemeinen Sorgfalts- und Treuepflicht, die mit der Organstellung untrennbar verbunden ist, zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Es sei deshalb nur eine Modifikation des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG über die Öffnungsklausel des § 52 Abs. 1 GmbHG zulässig, aber gerade keine vollständige Aufhebung. Zum Teil wird jedoch auch die Ansicht vertreten, dass im fakultativen Aufsichtsrat die Verschwiegenheitspflicht beliebig verschärft oder eingegrenzt werden kann (so Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, 1987, § 52, RdNr. 38; ebenso Lutter, Information und Vertraulichkeit, 2. Aufl., S. 242).

Wo die Grenze bei der Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern einer kommunalen GmbH zu ziehen ist, bestimmt sich richtigerweise in einem Abwägungsprozess zwischen dem vom Grundsatz der Öffentlichkeit beherrschten Kommunalrecht (vgl. bei bayerischen Gemeinden Art. 52 i.V.m. Art. 55 Abs. 2 GO), der Funktions- und Kontrollfähigkeit des Aufsichtsrates sowie den berechtigten Ansprüchen von Privatpersonen, des Allgemeinwohls und den zwingenden Unternehmensinteressen. Da bei der Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge die Grenzen nicht ein für alle mal festgelegt sind, sondern wie es das Beispiel des fakultativen Aufsichtsrates zeigt, "offen" und beweglich sind, können verschiedene Interessen und Schutzprinzipien miteinander kollidieren. Im Konfliktfall muss dann, soll der Rechtsfriede wieder hergestellt werden, das eine oder das andere Recht (oder eines der betroffenen Rechtsgüter) hinter das andere oder jedes hinter das andere bis zu einem gewissen Maß zurücktreten. Die Rechtsprechung erreicht dies durch eine "Abwägung" der im Spiel befindlichen Rechte oder Rechtsgüter gemäß dem Gewicht, das sie dem betreffenden Gut in der betreffenden Situation beilegt (so bereits Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., S. 404 f.) Im Gesellschaftsvertrag kann nach Ansicht der Kammer die Verschwiegenheitspflicht nicht vollständig abgeschafft werden, z. B. nicht bei echten (nicht vorgeschützten) Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Gemessen an diesen Gesichtspunkten hält sich das Bürgerbegehren innerhalb des von § 52 Abs. 1 GmbHG eröffneten Regelungsspielraums und stellt sich damit als rechtmäßig dar.

Nach der Privatisierung kommunaler Einrichtungen wird in den kommunalen Tochterunternehmen der ganz überwiegende Teil der Entscheidungen unter Ausschluss der Gemeindeöffentlichkeit getroffen. Entscheidungen in den Leitungsorganen der gemeindlichen Gesellschaften, also vor allem in der Geschäftsführung und den Aufsichtsräten, finden nahezu in jedem Fall unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. So ist nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AktG die Teilnahme von Dritten an Aufsichtsratssitzungen zumindest "grundsätzlich" ausgeschlossen. § 109 AktG gilt trotz fehlender Verweisung in § 52 Abs. 1 GmbHG auch für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH. Dies ergibt sich aus einer systematischen Auslegung, wonach die Teilnahme von Dritten an Sitzungen von anderen Gesellschaftsorganen ebenfalls ausgeschlossen ist (vgl. Zöllner in: Baumbach/Hueck, § 48, RdNr. 5 für die Gesellschafterversammlung). Dagegen geht die Gemeindeordnung in Art. 52 Abs. 1 für Entscheidungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse vom Regelfall der Öffentlichkeit der Sitzungen aus. Dieses Öffentlichkeitsprinzip für kommunale Beschlussorgane wird bei Privatisierungen weitgehend außer Kraft gesetzt. Gegen die zunehmende Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Kleid des Privatrechts und ihren Auswüchsen gibt es freilich auch Mahner, etwa den Präsidenten des Bayerischen Gemeindetages Brandl. In der Festschrift 125 Jahre Bayerischer Verwaltungsgerichtshof führt er in seinem Beitrag " Krise des öffentlichen Rechts- Krise des Öffentlichen?" u.a. aus: " Und wer seit seinen beruflichen Anfängen in der Fron des öffentlichen Rechts gearbeitet hat, wird nun, da beispielsweise aus dem geschäftsleitenden Beamten einer Kommune der GmbH-Geschäftsführer einer kommunalen Eigengesellschaft wurde, die Freiheit des Formkaufmanns in vollen Zügen genießen (Die GmbH gilt als Handelsgesellschaft ,§ 13 Abs. 3 GmbHG; für Handelsgesellschaften sind gemäß § 6 Abs. 2 HGB "die in Betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften" maßgeblich), wobei sich dieser Genuss nicht zuletzt auf das Freisein von rechtsstaatlichen Zügen, sozialstaatlicher Preisbildung und demokratischer Kontrolle erstreckt." Er moniert, dass der Gesetzgeber bzw. die durch ihn wirkenden gesellschaftlichen und politisch relevanten Kräfte gut daran getan hätten, den Schritt der Öffnung des Privatrechts für staatliche und kommunale Betätigung nur in Kombination mit der Schaffung neuer Unternehmensformen und -strukturen zu tun, in denen sich die Grundregeln des demokratischen und sozialen Rechtsstaats zwingend wiederfinden.

Die Grenzziehung der Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern einer kommunalen GmbH kann auch nicht mit dem wegen Art. 31 GG grundsätzlichen Vorrang des bundesgesetzlichen Gesellschaftsrechts gegenüber dem landesgesetzlichen Kommunalrecht erfolgen. Zum einen bestehen Bedenken gegenüber der häufig vertretenen Meinung, die auf der Grundlage des Art. 31 GG einen grundsätzlichen Vorrang des Gesellschafts- gegenüber dem Kommunalrecht propagiert (vgl. nur Hubertus Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip, 2000, S. 254 ff.). Diese Argumentation weist deshalb Schwächen auf, weil die Verfassungsbestimmung des Art. 31 GG eine Kollision einer landesrechtlichen mit einer bundesrechtlichen Norm bei demselben Sachverhalt voraussetzt (so Gubelt in: von Münch/Kunig, GG, Band II., 5. Auflage, Art. 31, RdNr. 3). Bei einer unterschiedlichen Zielsetzung zweier Normen kann es jedoch an einer Kollision gerade fehlen. Nach zutreffender Ansicht ist für die Frage nach dem gleichen Regelungsgegenstand maßgeblich, ob nach dem Willen des Bundesrechts noch Raum für spezielles Landesrecht ist oder sein soll (Maunz in: Maunz/Dürig, GG, Band IV, Stand Februar 2004, Art. 31, RdNr. 13). Hierbei sind die Zielsetzungen und Hintergründe des Gesellschaftsrechts mit denen des hier einschlägigen öffentlichen Rechts nicht vergleichbar. Den kollidierenden Gesetzen liegen unterschiedliche Zielsetzungen zu Grunde. So rückt das Gesellschaftsrecht das Unternehmensinteresse in den Vordergrund, während das Kommunalrecht vom Öffentlichkeitsprinzip beherrscht wird. Das GmbH- bzw. Aktienrecht regelt überdies nicht die Frage einer privatwirtschaftlichen Betätigung der Kommune und die Wahrung öffentlicher Interessen in Gremien der Kapitalgesellschaften. Das Aktiengesetz erhält lediglich in den §§ 394, 395 Splitterregelungen bzgl. des kommunalen Wirtschaftsrechts. Im Übrigen fehlt es an einer Verzahnung des Gesellschafts- mit dem öffentlichen Kommunalrecht. Das liegt vor allem daran, dass der historische Gesetzgeber des GmbH-Gesetzes vom 20. April 1892 die kommunale Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht vorhersehen und berücksichtigen konnte.

Zum anderen hat das Bundesgesetz (§ 52 Abs. 1 GmbHG) eine flexible Regelung geschaffen, in der auch kommunalgesetzliche Erwägungen und hier insbesondere das Öffentlichkeitsprinzip berücksichtigt werden können. Dadurch wird gerade nicht das bundesgesetzliche Gesellschaftsrecht durch das landesrechtliche Kommunalrecht verdrängt, sondern es wird der durch den Bundesgesetzgeber eröffnete Regelungsspielraum mit landesrechtlichen Prinzipien angereichert. Darüber hinaus ist das Öffentlichkeitsprinzip des Art. 52 Abs. 1 GO sowohl im Demokratie- wie auch im Rechtsstaatsprinzip verankert, hat also Verfassungsrang. So eröffnet der Art. 52 Abs. 1 i.V.m. Art. 55 Abs. 2 GO mit der Normierung der grundsätzlichen Öffentlichkeit von Gemeinderats- und Ausschusssitzungen instrumentell ein hohes Maß von Transparenz bei gemeindlichen Entscheidungsfindungen. Eine besondere Eigenart von Privatisierungen kommunaler Einrichtungen und Unternehmen ist aber, dass der ganz überwiegende Teil der in den Tochterunternehmen getroffenen Entscheidungen unter Ausschluss der Gemeindeöffentlichkeit erfolgt. Auch Art. 94 Abs. 3 GO kann das durch die Privatisierung entstehende Öffentlichkeitsdefizit nicht beseitigen. Zwar soll der in Art. 94 Abs. 3 GO normierte Beteiligungsbericht (in den jedermann Einsicht nehmen kann) dafür sorgen, dass die Erfüllung kommunaler Aufgaben trotz privatrechtlicher Ausgliederung für die Kommune und den Bürger transparent bleibt. Dieser Beteiligungsbericht kann aber nicht die einzige Partizipation der Öffentlichkeit bei Privatisierung kommunaler Daseinsvorsorge darstellen, da in diesem die Bürger nur einen Bruchteil der sie interessierenden Informationen erhalten, z. B. Angaben über die Erfüllung des öffentlichen Zwecks, die Beteiligungsverhältnisse und die Zusammensetzung der Organe der Gesellschaft.

Wenn aber das Gesellschaftsrecht die Lockerung der Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern zulässt, ist die Grenzziehung maßgeblich am Kriterium des "Öffentlichkeitsprinzips" zu bemessen. Das Bundesverfassungsgericht führt in seiner Entscheidung (BVerfGE 40, 296, 327) aus: "Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes; Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich." Zwar bezog sich diese Aussage unmittelbar nur auf die bundesstaatliche Ebene. Hintergrund ist jedoch das demokratische Grundprinzip, das auf der gemeindlichen Ebene und für ihre demokratisch von der Bürgerschaft legitimierten Kollegialorgane Geltung beansprucht (vgl. dazu auch Faber, NVwZ 2003, 1317 ff.). Das Transparenzprinzip ist auf allen Ebenen der öffentlichen Gewalt untrennbar mit der Partizipation des Volkes an Meinungsfindungs- und Entscheidungsprozessen verbunden. Neben der freien Teilnahme der Gemeindeeinwohner als Zuhörer an den Sitzungen des Gemeinderates und seiner Ausschüsse enthält die Gemeindeordnung weitere Formen der Öffentlichkeitsteilhabe an gemeindlichen Entscheidungsfindungsprozessen. Zu nennen sind hier die Publizitätspflichten, wie die vorherige Veröffentlichung der Tagesordnung von Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse (§ 52 Abs. 1 Satz 1 GO), die Information der Einwohner über Beschlussfassungen in nichtöffentlichen Sitzungen in diesen Gremien (Art. 52 Abs. 3 GO) oder die Auslegung von Haushaltsplänen der Gemeinde (Art. 65 Abs. 3 Satz 3 GO). Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass die Oberbürgermeister und die Stadtratsmitglieder von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt periodisch gewählt werden. In der repräsentativen Demokratie bedürfen die mündigen Bürger Informationen, um sachkundig ihre Wahlentscheidung treffen zu können. Bei Strom, Gas, Wasser, den städtischen Bädern, der Errichtung und Vermietung von Sozialwohnungen, bei der Stadtentwicklung, Gewerbeparks und öffentlichen Veranstaltungen geht es oft um Entscheidungen, welche die Bürger hautnah berühren. Wie sollen die Bürger bei Kommunalwahlen eine bewusste Wahlentscheidung treffen, wenn ihnen verheimlicht wird, wie und mit welchen Argumenten sich die Stadtratsfraktion X oder das Stadtratsmitglied Y in den kommunalen Aufsichtsräten zu diesen Gegenständen verhalten haben?

Anders als private sind kommunale GmbHs nicht auf Gewinnmaximierung und Profit ausgerichtet. Sie verfolgen vielmehr bestimmte öffentliche Zwecke. Die Organe der kommunalen GmbHs geben rechtlich zwar eigenes, faktisch aber das Geld der Bürger aus (vgl. dazu auch Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2566). Das übertriebene Abschotten der Aufsichtsratstätigkeit kann bei den Bürgern der Kommune zu Mutmaßungen, Verdächtigungen und Argwohn führen. Bürger wollen beispielsweise wissen, wie die Gas-, Strom-, Bus- und Badpreise zustande kommen, warum eine Buslinie eingestellt wird, wie eine Freifläche entwickelt wird, ob und wie hoch eine kommunale GmbH verschuldet ist. Geheimniskrämerei erzeugt Misstrauen. Demokratie erfordert Transparenz der Entscheidungen. Dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren geht es lediglich um ein Mindestmaß an Offenheit, denn die Aufsichtsratssitzungen selbst bleiben weiterhin geheim. Entscheiden sollen in einer repräsentativen Demokratie die gewählten Bürgervertreter. Aber interessierte Bürger wollen rechtzeitig vor der Entscheidung gehört werden, zu Wort kommen und zumindest die Chance haben, auf die Entscheidungsfindung Einfluss zu nehmen. Sie wollen nicht durch eine bloße Bekanntgabe bereits getroffener Entscheidungen vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Ein Großteil der Kommunen und ihre Gesellschaften gehen mit der Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder mit Augenmaß um. Freilich sind auch Auswüchse festzustellen. Da dies nicht Gegenstand dieser Gerichtsentscheidung ist, ist nicht von den Kommunen zu reden, bei denen die Zusammensetzung der kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat nicht im Sinn der repräsentativen Demokratie und des Ergebnisses der Kommunalwahl ein Spiegelbild der Sitzzahl der Stadtratsfraktionen darstellt, sondern sie lediglich der bzw. den Mehrheitsfraktionen entstammen, also den Oppositionsgruppierungen keine Aufsichtsratssitze zugebilligt werden. Einer Kommune und ihren Gesellschaften, welche ihre Bürger lediglich als unmündige Störenfriede ansehen, die sowieso nicht wissen, was richtig ist und lediglich Sand ins Getriebe streuen wollen, fehlt der Respekt vor dem Souverän. Aufsichtsratsvorsitzende und Geschäftsführer, die ausschließlich sich selber das Recht einräumen zu bestimmen, zu welchen Zeitpunkten und in welchen Portionen die Öffentlichkeit unterrichtet wird, wollen durch ein Unterrichtungsmonopol, noch dazu in der Form der nicht interaktiven Verlautbarung, die öffentliche Meinungsbildung verkürzen und in eine bestimmte Richtung beeinflussen. Die fehlende demokratische Legitimation und damit die Schwäche dieses Standpunkts zeigt sich an der Vehemenz der eingesetzten Verteidigungsmittel. Aufsichtsratsvorsitzende und Geschäftsführer verlautbaren der Öffentlichkeit lang und breit, warum diese oder jene Entscheidung so und nicht anders getroffen werden musste. Kaum wagt ein Aufsichtsratsmitglied jedoch den Anflug eines öffentlichen Einwands, wird es mit Sanktionen bedroht, z. B. einem Strafantrag der Gesellschaft oder Schadensersatzforderungen. Die plurale Demokratie lebt aber von der freien Meinungsbildung. Im Konzert der verschiedenen Meinungen bildet sich das optimale Ergebnis heraus. Sachliche Meinungsbeiträge erfordern jedoch Informiertheit. Gerade die oppositionelle Gegenrede von Minderheiten ist wichtig, die den Standpunkt der Mehrheit in Frage stellt. Hat die herrschende Meinung die besseren Argumente, wird sie sich gegen Angriffe behaupten. Anders als die vorgenannten Auswüchse finden sich oft liberalere Einstellungen und Gepflogenheiten. Soweit keine strikte Geheimhaltungsbedürftigkeit im engeren Sinn besteht, wird es hingenommen, wenn Aufsichtratsmitglieder in Maßen gegenüber Dritten über Gesellschaftsinterna berichten. Dies entspricht zwar der eingeforderten Transparenz, ist freilich aus Gründen der Rechtssicherheit ungenügend. Wegen der drohenden einschneidenden Sanktionen müssen die Grenzen der Verschwiegenheitspflicht eindeutig feststehen. Auch ein "liberaler" Stadtrat hat eine Fürsorgepflicht gegenüber den Stadtratsratsmitgliedern, die er in kommunale GmbHs entsendet und kann es deshalb nicht zulassen, dass sie wegen fehlender Regelungen zur Begrenzung der Verschwiegenheitspflicht mit einem Bein im Gefängnis stehen.

Die öffentliche Erörterung vor der Entscheidungsfindung in den kommunalen Gesellschaften über die Preise ist als Präventivkontrolle ein - wenn auch nur unzureichender - Ausgleich für die abgeschwächte nachträgliche Kontrolle. Während die Abgaben (Beiträge und Benutzungsgebühren) öffentlich-rechtlicher Dienstleister einer strengen Überprüfung durch die Widerspruchsbehörden und die Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegen, kontrollieren die Zivilgerichte lediglich die Preisgestaltung der privatrechtlichen Gesellschaften nach billigem Ermessen, was auf eine bloße Willkürkontrolle hinauslaufen kann. Da es im Kern auch nicht um öffentliches Recht geht, werden sich auch die Rechtsaufsichtsbehörden aus der Preisgestaltung der kommunalen Gesellschaften weitgehend heraushalten. Damit haben kommunale Gesellschaften Rechtsmittel einzelner Bürger gegen die Preise bzw. Preiserhöhungen für Strom, Gas, Wasser, für die Bäder und die Verkehrsbetriebe kaum zu fürchten. Desto dringlicher ist es, dass der Bürgerschaft die Preisbildung im Vorfeld der Entscheidung transparent und plausibel gemacht wird.

Eine Stärkung des Transparenzprinzips führt auch dazu, dass einer möglichen Korruptionsanfälligkeit der Boden entzogen wird. Laut dem Jahresbericht 2004 von Transparency International nimmt Deutschland bezüglich Korruptionsanfälligkeit hinter den vorbildhaften skandinavischen Staaten nur einen Mittelfeldplatz ein. Deutschland befindet sich nach dem Jahresbericht von Transparency International 2004 lediglich auf Platz 15 des weltweiten Rankings (Quelle: www. transparency.org; vgl. auch beispielhaft den Bericht von Hans Leyendecker "Licht kommt in den Kölner Klüngel" in der Süddeutschen Zeitung vom 8.9.1999. Dabei macht der Autor auch die fehlende Transparenz kommunalrechtlicher Entscheidungen als Ursache für das "Durchmogeln, Nassauern und Absahnen" in der Kölner Kommunalpolitik aus). Als zentraler Punkt für die geringere Korruptions- und Bestechungsanfälligkeit in Skandinavien wird insbesondere die größtmögliche Transparenz öffentlicher Entscheidungen angeführt Dieser Verfahrenstransparenz steht die zwingende Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsräte einer kommunalen GmbH diametral entgegen. Werden künftige Entscheidungssachverhalte der Öffentlichkeit bekannt gegeben, so werden die Aufsichtsratsmitglieder in noch stärkerem Maße gezwungen sein, ihre Entscheidungen am Allgemeinwohl auszurichten. Verflechtungen und einseitigen Beeinflussungen durch Sonderinteressen von Einzelpersonen und -gruppierungen wird dadurch stärker vorgebeugt (vgl. dazu auch Faber, NVwZ 2003, 1317, 1319).

Der Berücksichtigung des Öffentlichkeitsprinzips innerhalb der Öffnungsklausel des § 52 Abs. 1 GmbHG steht auch nicht entgegen, dass sich die Beklagte in rechtmäßiger Ausübung ihrer Wahlfreiheit für eine Teilprivatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge entschieden hat. Art. 86 GO gibt den Gemeinden die Wahlfreiheit zwischen dem öffentlich-rechtlichen Eigenbetrieb, dem selbständigen Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts und der privatrechtlichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Gemeinde muss sich weder vor dem Gesetz noch vor der Rechtsaufsicht für die getroffene Wahl rechtfertigen, die kommunale Leistungserbringung in privatrechtlicher Form befreit die Kommune aber nicht von sämtlichen öffentlich-rechtlichen Bindungen (Cronaoge, Kommunale Unternehmen. Eigenbetriebe/Kapitalgesellschaften/Zweckverbände, 1992, S. 95). Dabei handelt es sich zuvorderst zwar um materielle Bindungen, jedoch dürfen durch die Privatisierung formelle Bindungen wie das Öffentlichkeitsprinzip nicht ausgeblendet werden. Bei einer kommunalen Betätigung in der Form einer Kapitalgesellschaft geht es nicht primär um Gewinnerzielung, sondern darum, dass sich die unternehmerischen Ziele mit denen der Gemeinde decken. Die Tätigkeit wirtschaftlicher Unternehmen ist nur gestattet, wenn sie durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt ist. Es ist deshalb nicht richtig, wenn von einer "Unterwerfung" der Gemeinde unter das Privatrecht gesprochen wird (so Püttner, DVBl. 1986, 751). Die plakative Verwendung des Begriffes "Privatisierung von öffentlichen Aufgaben" suggeriert, dass sich die Kommunen der öffentlich-rechtlichen Bindungen vollständig entledigen könnten. Das ist bei Aufgaben der Daseinsvorsorge jedoch nur eingeschränkt möglich. Es besteht nur die Möglichkeit, die Durchführung der öffentlichen Aufgabenerfüllung in privatrechtlichen Rechtsformen zu organisieren. Dabei ist aber entscheidend, dass dies weder den öffentlichen Zweck noch das öffentliche Interesse gefährden darf. Das Ausweichen auf privatrechtliche Formen darf die grundsätzlichen öffentlich-rechtlichen Bindungen einer Gemeinde nicht aushebeln. Sowohl das Demokratie- wie das Rechtsstaatsprinzip und damit auch das darin verankerte Öffentlichkeitsprinzip mit seinen konkreten Ausprägungen gelten für einen Träger öffentlicher Gewalt unabhängig von der verwendeten Rechtsform. Die Bindung der vollziehenden Gewalt an die Grundrechte betrifft alle öffentlich-rechtlichen Entscheidungen und Handlungen der Exekutive, darüber hinaus aber auch die Ausübung öffentlicher Verwaltung in privatrechtlicher Form. Für die besondere Rechtsfolgen auslösende Bindung der Exekutive an die Grundrechte kommt es nicht auf die Organisationsform (BGHZ 52, 325 - Verkehrsbetrieb einer Stadtgemeinde als AG) oder die Rechtsform des Verwaltungshandelns, und auch nicht den Zweck des Tätigwerdens der Exekutive an, sondern auf die im Einzelfall zu ermittelnde Schutzwirkung des betroffenen Grundrechts. Eine "Flucht in das Privatrecht" mit der Wirkung, dass durch die Verwendung privatrechtlicher Organisations- und Handlungsformen die Bindung an die Grundrechte umgangen werden könnte, ist der Exekutive verwehrt (so Badura, Staatsrecht, 2. Aufl., S. 93.). Im Hinblick auf die fortbestehende bzw. hineinwirkende öffentlich-rechtliche Pflichtenbindung bei der Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge, kann die Verschwiegenheitspflicht der kommunalen Aufsichtsratmitglieder in den vom Bürgerbegehren geforderten Umfang eingeschränkt werden. Aus dem vom Demokratieprinzip bzw. dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Öffentlichkeitsprinzip ergibt sich auch bei Privatisierung kommunaler Einrichtungen ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, zumal die Kommune nicht der Verpflichtung unterliegt, ihre wirtschaftlichen Betätigungen vor der Öffentlichkeit möglichst geheim zu halten. Immerhin arbeitet die Kommune mit den Steuergeldern der Bürger (so anschaulich Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2566).

Für eine zu weitgehende Eingrenzung der Verschwiegenheitspflicht durch das streitgegenständliche Bürgerbegehren könnte sprechen, dass der Regelfall der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitglieds nach § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zur Ausnahme deklariert wird. Dies ergibt sich aus der Formulierung von Frage 1 des Bürgerbegehrens, wonach die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder nur für solche Tagesordnungspunkte der Aufsichtsratssitzungen gelten soll, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen. In den Abwägungsprozess muss eingestellt werden, dass der Aufsichtsrat als funktional unabhängiges Kontrollorgan ausgestaltet ist. Der Gesetzgeber hat den Aufsichtsrat als selbstständiges und selbstverantwortliches (§§ 116, 93 AktG) Kontrollorgan gegenüber Vorstand und Geschäftsführung geschaffen. Dem entspricht es auch, dass der Aufsichtsrat "grundsätzlich" ohne Beteiligung der Öffentlichkeit in nichtöffentlicher Sitzung entscheidet (vgl. § 109 AktG). In der Literatur wird zum Teil geltend gemacht, dass eine zu weitgehende Eingrenzung der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder einer GmbH die Gefahr in sich birgt, dass der Aufsichtsrat bei der Kontrolle der Geschäftsführung zugleich gesellschaftsfremde Interessen mitberücksichtigt und damit seine Kontrollfunktion nicht mehr wirksam ausüben könne (vgl. dazu Schwintowski, NJW 1995, 1316 ff.).

Diese Überlegungen führen jedoch nicht dazu, dass das streitgegenständliche Bürgerbegehren auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.

Zum einen gilt es zu berücksichtigen, dass in Fällen des fakultativen Aufsichtsrates der Gesetzgeber in § 52 Abs. 1 GmbHG eine Regelung getroffen hat, die es ermöglicht, durch Gesellschaftsvertrag von der zwingenden Regelung des Art. 93 Abs. 1 Satz 2 AktG abzuweichen. Insbesondere hat es der Gesetzgeber unterlassen, den Gesellschaftern eine verbindliche Grenze vorzuschreiben. Hätte er eine absolute Grenze für zwingend notwendig angesehen, hätte er eine solche geregelt.

Soweit des Weiteren von der Beklagten eingewandt wird, dass durch die Eingrenzung der Verschwiegenheitspflicht und die dadurch ermöglichte öffentliche Diskussion über Tagesordnungspunkte bereits vor der jeweiligen Aufsichtsratssitzung die Funktionsfähigkeit und die Autonomie des Aufsichtsrates beeinträchtigt würden, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar geht auch die Kammer davon aus, dass die Autonomie des Aufsichtsrates ein wesentlicher Bestandteil des geltenden Gesellschaftsrechts ist. Die Autonomie des Aufsichtsrats wird freilich durch die Privatautonomie der Gesellschafter ergänzt, von welche diese durch eine entsprechende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags nach § 52 Abs. 1 GmbHG Gebrauch machen können. Es sind zudem keine stichhaltigen Argumente ersichtlich, wieso der Aufsichtsrat bei der Kontrolle der Geschäftsführung von einer möglichen öffentlichen Diskussion derart beeinflusst wird, dass er seine Kontrollfunktion nicht mehr wirksam ausüben kann. Dies wäre lediglich bei unfähigen und ungeeigneten Aufsichtsratsmitgliedern der Fall. Es wird durch das Bürgerbegehren auch keine öffentliche Aufsichtsratssitzung gefordert. Es soll lediglich eine öffentliche Debatte über die Tagesordnungspunkte gefördert werden, die nicht zum Wohl des jeweiligen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen. Dies beeinträchtigt jedoch die Autonomie des Aufsichtsrates nicht in rechtswidriger Weise. Die Aufsichtsratsmitglieder können weiterhin in nicht öffentlicher Sitzung sachlich und frei von irgendwelchen Weisungen der Öffentlichkeit oder von Teilen der Öffentlichkeit, aber unter dem Eindruck und in Auswertung einer öffentlichen Diskussion entscheiden. Die Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht ist auch auf die doppelfunktionale Stellung von Aufsichtsratsmitgliedern einer kommunalen GmbH zurückzuführen. So ergeben sich die Pflichten der Mandatsträger in Aufsichtsratsgremien der kommunalen GmbHs aus zwei Rechtsbereichen, denen prinzipiell unterschiedliche Interessen und demzufolge korrespondierende Pflichten zugrunde liegen. Die Pflichten resultieren einerseits aus den Regelungen des Gesellschaftsrechts (Aktiengesetz, GmbH-Gesetz), welches vor dem Hintergrund ökonomischer Interessen mit dem maßgeblichen Ziel der Gewinnmaximierung vor allem dem Schutz der privaten Gesellschaftsform dient. Auf der anderen Seite scheidet die Gewinnmaximierung als öffentlicher Zweck für eine gemeindlich-unternehmerische Betätigung grundsätzlich aus. Für öffentliche Mandatsträger, die in Gremien privater Gesellschaftsformen Aufsichtsrechte wahrnehmen, ergeben sich Bindungen aus dem öffentlichen Recht, d. h. aus dem Verfassungs-, Kommunal-, Haushalts- und ggf. Beamtenrecht. Insbesondere den Bedingungen sozial gerechter und demokratischer Aufgabenerfüllung (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) dienen privatrechtliche Unternehmensformen vordergründig - und das ist in einem marktwirtschaftlichen System gewollt - nicht (Grams, LKV 1997, 397 f.). Angesichts dieser Gemengelage von Normen des Gesellschaftsrechts und des öffentlichen Rechts und der damit einhergehenden Abstimmungsprobleme kann entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen nicht davon gesprochen werden, dass die Pflichten von Aufsichtsräten zugunsten einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise als gesellschaftsrechtlich dominiert und nicht teilbar anzusehen sind (BGH NJW 1980, 1629). Ebenso wenig kann das sog. "Bayer-Urteil" des Bundesgerichtshofs (BGHZ 64, 325, 332) für das vorliegende Verfahren fruchtbar gemacht werden. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung zwar hervorgehoben, dass eine unbefangene Meinungsäußerung und Meinungsbildung für eine sachgerechte Tätigkeit des Aufsichtsrates unerlässlich ist. Diese Entscheidung befasst sich jedoch mit dem Verschwiegenheitsgebot von Aufsichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft. Diese Ausführungen sind für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH gerade im Hinblick auf die Öffnungsklausel des § 52 Abs. 1 GmbHG nur bedingt übertragbar. Für die mit öffentlichen Aufgaben betraute kommunale GmbH sind für die Beurteilung der Wahrung der Autonomie des Aufsichtsrates noch zusätzliche Gesichtspunkte wie das sich aus dem Demokratieprinzip ableitende Öffentlichkeitsprinzip zu berücksichtigen.

Der Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH muss nach richtigem Verständnis in eigener Verantwortung Repräsentant öffentlicher Allgemeinwohlinteressen und zugleich betriebswirtschaftlich denkender Kontrolleur eines bestimmten marktorientierten Unternehmens sein. Dieses Spannungsverhältnis kann aber nicht zu Gunsten der einen oder anderen Seite entschieden werden. Vielmehr muss den widerstreitenden Interessen jeweils zu hinreichender Wirksamkeit verholfen werden (Rechtsgedanke der praktischen Konkordanz). Selbst das strenge Aktienrecht legt nicht zwingend fest, dass in Aufsichtsratssitzungen keine Dritten teilnehmen dürfen. § 109 AktG schreibt lediglich vor, dass in Sitzungen des Aufsichtsrates Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, nicht teilnehmen sollen. Damit können selbst im obligatorischen Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft Sachverständige oder Auskunftspersonen in Bezug auf zu behandelnde Tagesordnungspunkte zu den Sitzungen zugelassen werden. Für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH besteht nach der flexiblen Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG sogar die Möglichkeit, dass Dritte stets zugelassen werden bzw. dass die Teilnahme generell in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag oder in der Geschäftsordnung geregelt wird. Damit können nach dem Willen des Gesetzgebers sogar Dritte regelmäßig an Aufsichtsratssitzungen teilnehmen, ohne dass die Funktionsfähigkeit beeinträchtigt wird. Erst recht muss die vorherige oder nachträgliche öffentliche Diskussion solcher Tagesordnungspunkte möglich sein, die zum Wohl des jeweiligen Unternehmens nicht zwingend der Verschwiegenheit bedürfen. Die Befürchtung einer Hälfte des Stadtrates der Beklagten, eine stärkere Transparenz gefährde die Funktionsfähigkeit der Aufsichtsräte, teilt das Gericht daher nicht. In bayerischen Stadt-, Marktgemeinde- und Gemeinderäten und ihren Ausschüssen werden Jahr für Jahr Tausende von Entscheidungen in öffentlicher Sitzung getroffen und Hunderte vor den Sitzungen in den Medien oder der interessierten Öffentlichkeit erörtert. Gründe, warum die öffentliche Diskussion vor der Sitzung zur Befangenheit der Aufsichtsratsmitglieder und zur Einseitigkeit und Unsachlichkeit der Entscheidung führen sollte, sind dem Gericht nicht ersichtlich. Die vorab stattfindende öffentliche Diskussion zeigt dem Entscheidungsträger im Gegenteil manchen Umstand auf, den er oder sie sonst übersehen oder in seinem Gewicht verkannt hätte. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Aufsichtsratsmitglieder in den kommunalen GmbHs gestandene Frauen und Männer und eigenständige Persönlichkeiten sind und einen eigenen Kopf haben. Ein Aufsichtsratsmitglied wird seine Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger, der Kommune und der kommunalen GmbH fällen. Vorher erfolgte öffentliche Diskussionsbeiträge sind für ein pflichtbewusstes Aufsichtsratsmitglied zwar interessant und informativ, aber natürlich nicht bindend oder ausschlaggebend.

Die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder soll nach Frage 1 des Bürgerbegehrens für solche Tagesordnungspunkte der Aufsichtsratssitzungen weiterhin gelten, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen. Damit trägt das Bürgerbegehren in rechtmäßiger Weise den Regeln der praktischen Konkordanz zwischen der Geltung des Öffentlichkeitsprinzips und den berechtigten Geheimhaltungsinteressen der jeweiligen Gesellschaft, der von Privatpersonen aber auch des Allgemeinwohls Rechnung. Das Öffentlichkeitsprinzip kann auch im Bereich der Öffnungsklausel des § 52 Abs. 1 GmbHG keine unbeschränkte Geltung für sich beanspruchen. Vielmehr steht es in einem Spannungsverhältnis gegenüber berechtigten Geheimhaltungsinteressen. Den Ausgleich zwischen den widerstreitenden Prinzipien der Geheimhaltung über streng vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft und dem Öffentlichkeitsprinzip hat das streitgegenständliche Bürgerbegehren in rechtlich nicht zu beanstandender Weise vorgenommen. Insbesondere wird der Kernbereich gesellschaftlicher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse weiterhin von der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder umfasst (vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2, § 116 AktG). Hierbei können insbesondere die Investitions-, Finanz- und Absatzplanung der Gesellschaft betroffen sein. Unter die streitgegenständliche Formulierung des Bürgerbegehrens "die Geheimhaltungspflicht gilt nur noch für solche Tagesordnungspunkte, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen" können aber im Wege der Auslegung auch berechtigte Ansprüche von Privatpersonen und das Allgemeinwohl subsumiert werden. Unter dem Allgemeinwohl sind wichtige staatliche oder gemeindliche Interessen zu verstehen, wie die Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Berechtigte Ansprüche einzelner sind nicht erst Rechtsansprüche, sondern schon Interessen einzelner Personen, die eine Geheimhaltungspflicht erfordern. Hierher gehören u.a. Erörterungen über die Kreditwürdigkeit von Personen und Unternehmen sowie in der Regel auch Personalangelegenheiten.

Einen Verfahrensablauf hinsichtlich der Klärung der Verschwiegenheitsfrage schreibt das Bürgerbegehren nicht vor. Vielmehr hat die beklagte Stadt *** als Gesellschafterin der kommunalen GmbHs in der Ausgestaltung des Verfahrens einen Spielraum. Beim fakultativen Aufsichtsrat kann die Beklagte aufgrund der Gestaltungsfreiheit als Gesellschafter die Gegenstände, den Umfang der Schweigepflicht, die Dauer und das Verfahren bei der Offenlegung durch Satzung oder durch eine Geschäftsordnung umfassend regeln (so Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 2. Aufl., S. 242 ff.). Wenig zweckmäßig erscheint es, jedem Aufsichtsratsmitglied für sich die Entscheidung zu überlassen, ob er oder sie einen Tagesordnungspunkt für geheimhaltungsbedürftig hält. Oft wird ein Aufsichtsratsmitglied vor der Sitzung nicht alle Tatsachen kennen und deshalb die Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht zuverlässig beurteilen können. Im Gesellschaftsvertrag kann bestimmt werden, welches Organ festlegt, welche Tagesordnungspunkte wie lange der Verschwiegenheit unterliegen. Insoweit hat der Stadtrat einen Gestaltungsspielraum. Beispielsweise könnte im Gesellschaftsvertrag sinngemäß bestimmt werden, dass der Aufsichtsratsvorsitzende über die Geheimhaltungsbedürftigkeit der Tagesordnungspunkte entscheidet, solange und soweit der Aufsichtsrat keine gegenteilige Entscheidung trifft. Damit könnte der Aufsichtsratsvorsitzende die Tagesordnung in einen vertraulichen und in einen nicht vertraulichen Teil aufspalten und - wie vom Bürgerbegehren beantragt - die Tagesordnung des nicht geheimhaltungsbedürftigen Teil bereits vor der Aufsichtsratssitzung den Medien zuleiten lassen. Der Aufsichtsrat hätte dann im Einzelfall die Möglichkeit, in seiner Sitzung durch Beschluss die Nichtgeheimhaltungsbedürftigkeit eines Tagesordnungspunktes zu beschließen oder umgekehrt, die Geheimhaltungsbedürftigkeit eines Tagesordnungspunktes, falls er die Einstufung des Aufsichtsratsvorsitzenden nicht teilt, was in der Praxis aber die Ausnahme sein dürfte. Ähnlich wird seit Jahren verfahren, wenn es um die nichtöffentliche Behandlung von Tagesordnungspunkten in den Ausschusssitzungen der bayerischen Städte, Marktgemeinden und Gemeinden geht. Nennenswerte Schwierigkeiten gibt es dabei nicht. Aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sollten in der Satzung bzw. Geschäftsordnung Fallgruppen bzw. Regelbeispiele aufgestellt werden, bei deren Vorliegen die Verschwiegenheitspflicht indiziert wird. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass das Geheimhaltungsinteresse vom jeweiligen Aufsichtsratsvorsitzenden unterschiedlich weit interpretiert wird. In den gemeindlichen Geschäftsordnungen sind solche Kataloge gang und gäbe. Sie legen fest, welche Tagesordnungspunkte im Regelfall im Gemeinderat und den Ausschüssen nichtöffentlich zu behandeln sind.

c) Auch die Frage 2 des Bürgerbegehrens ist nicht auf rechtswidriges Ziel gerichtet. Insbesondere ist sie auch mit den gesellschaftsrechtlichen Regelungen der § 52 GmbHG i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG vereinbar. Die Frage 2 des Bürgerbegehrens ist als bloßer Annex zur Frage 1 zu bewerten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass bereits nach einer Auslegung von Frage 1 des Bürgerbegehrens eine Weitergabe derjenigen Tagesordnungspunkte, die nicht mehr der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, an die Medien möglich ist. Auch bei Frage 2 ist bei der Ausfüllung des Regelungsspielraums eine Abwägung zwischen dem vom Öffentlichkeitsprinzip dominierten Kommunalrecht und dem vom Gesellschaftsrecht geschützten Unternehmensinteresse sowie der Autonomie und Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrates vorzunehmen. Wie bei Frage 1 bleibt auch bei Frage 2 der Kernbereich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der jeweiligen Gesellschaft unangetastet. Durch die Vorabveröffentlichung der Tagesordnung wird auch nicht die Autonomie bzw. Funktionalität des Aufsichtsrates beeinträchtigt. Es sind keine Gründe ersichtlich, wieso eine mögliche öffentliche Diskussion die Kontrollfähigkeit des Aufsichtsrates derart beeinflusst, dass dieser in seiner Funktionsfähigkeit erschüttert wird. Die Vorabveröffentlichung der Tagesordnung des Aufsichtsrates einer kommunalen GmbH steht vielmehr im Einklang mit Art. 52 Abs. 1 GO und der Öffnungsklausel des § 52 Abs. 1 GmbHG beim fakultativen Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH. Das Ausweichen auf privatrechtliche Formen darf nicht dazu führen, dass die grundgesetzlichen Bindungen einer Gemeinde ausgehebelt werden. Sowohl das Demokratie- als auch das Rechtsstaatsprinzip und damit auch das darin verankerte Öffentlichkeitsprinzip mit seinen Publizitätspflichten (vgl. Art. 52 Abs. 1 GO, Veröffentlichung der Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung), müssen für einen Träger öffentlicher Gewalt unabhängig von der verwendeten Rechtsform gelten. Eine Auflösung verfassungsrechtlicher Bindungen durch eine "Flucht ins Privatrecht" darf nicht anerkannt werden (vgl. Badura, Staatsrecht, 2. Auflage, S. 93). Jedenfalls, wenn das Gesellschaftsrecht einen Regelungsspielraum eröffnet, sind die Gemeinden als Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter berechtigt, dem Öffentlichkeitsgrundsatz und damit dem Transparenzprinzip Rechnung zu tragen.

Die Weitergabe der Tagesordnungen der Aufsichtsratssitzungen an die Presse liegt auch auf einer Linie mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung des Bayerische Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat in einer Entscheidung vom 13. August 2004 Az.: 7 CE 04.1601 das Informationsrecht der Medien gestärkt. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG) hat die Presse gegenüber den Behörden ein Recht auf Auskunft. Dieser Anspruch besteht auch gegenüber Gemeinden. Die Auskunft darf nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist die Entscheidung eines Gemeinderates, Angelegenheiten in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln, allein kein zwingender Grund, der Presse Auskunft über dort gefasste Beschlüsse zu verweigern. Vielmehr müsse eine Güterabwägung zwischen der notwendigen Information der Öffentlichkeit und den Geheimhaltungsinteressen der Gemeinde stattfinden.

Der Art. 4 BayPrG kann zwar auf die vorliegende Fallkonstellation nicht direkt angewendet werden, da der Auskunftsanspruch nur gegenüber Behörden besteht und es sich bei einer GmbH unzweifelhaft nicht um eine Behörde handelt. Vorliegend ist jedoch die auskunftspflichtige Gemeinde in das Gewand einer grundsätzlich nicht auskunftspflichtigen Gesellschaft geschlüpft. Insoweit muss sich die kommunale GmbH und hier insbesondere der Aufsichtsrat der öffentlich-rechtlichen Auskunftspflicht stellen. Gerade im Bereich des dispositiven Gesellschaftsrechts kann den Besonderheiten des kommunalen Gesellschaftsrechts dadurch Rechnung getragen werden, dass die flexiblen Regelungen zu Gunsten des Öffentlichkeitsprinzips und des Transparenzprinzips ausgelegt werden. Dabei werden auch bei Frage 2 des Bürgerbegehrens die äußersten Grenzen der Öffnung der Verschwiegenheitspflicht eingehalten, da solche Tagesordnungspunkte gerade nicht veröffentlicht werden sollen, die nach Frage 1 zwingend der Geheimhaltungspflicht unterliegen.

d) Rechtspolitisch und in größerem Rahmen gesehen, ist es eine Entscheidung des Gesetzgebers, ob das geltende Gesellschafts- und Kommunalrecht den Anforderungen der "öffentlichen" Gesellschaften entspricht. Es gibt gegenwärtig kein "privates" und daneben ein "öffentliches" oder "kommunales" Gesellschaftsrecht. Das derzeitige einheitliche Gesellschaftsrecht ist auf den gewinnorientierten Privatbetrieb ausgerichtet. Seine Flexibilität ist seine Stärke, aber auch seine Schwäche. Ein verantwortungsbewusster öffentlicher Gesellschafter nutzt die Flexibilität, ein eigensüchtiger nutzt sie aus. Mit zunehmender Privatisierung drohen die öffentlich-rechtlichen Bindungen ausgehebelt zu werden. Möglicherweise sind diese in den letzten Jahrzehnten da und dort zu sehr ausziseliert worden. Dies rechtfertigt es aber nicht, die Grundprinzipien, wie das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip und seine Ausformungen, über Bord zu werfen. Sie sind eine Kulturleistung, die über Generationen erworben werden mussten. Sie haben es nicht verdient, auf dem Altar des Gesellschaftsrechts geopfert zu werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO, § 711 ZPO.

Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 1 und 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Es gibt in Deutschland zahlreiche kommunale GmbHs. Trotzdem ist der Umfang der Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern kommunaler GmbHs weder obergerichtlich noch höchstrichterlich geklärt. Die Entscheidung liegt daher aus Gründen der Rechtssicherheit, der Einheit der Rechtsordnung und der Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 124 RdNr. 10).

Rechtsmittelbelehrung

Rechtsmittel: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg schriftlich einzulegen (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg). Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Ludwigstraße 23, 80539 München oder Postfach 340148, 80098 München). § 124 a Abs. 3 VwGO ist zu beachten.

Vertretungszwang: Wer die Berufung einlegt, muss sich bereits bei der Einlegung der Berufung und im Berufungsverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplom-Juristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied angehören, vertreten lassen.

Dieser Vertretungszwang im Berufungsverfahren gilt auch für alle übrigen Beteiligten, soweit sie einen Antrag stellen.

Dr. Korber

Troidl

Dr. Zieglmeier

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG n.F. i.V.m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 07./08. Juli 2004 beschlossenen Änderung, NVwZ 2004, 1327).

Rechtsmittelbelehrung

Rechtsmittel: Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,‑‑ EUR übersteigt.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Ludwigstraße 23, 80539 München oder Postfach 34 01 48, 80098 München) eingeht. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Dr. Korber

Troidl

Dr. Zieglmeier

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