Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Bodensee-Therme Überlingen

Südkurier 16.06.2000

Architekt: "Bäume sind teils höher als das Bad"

Gestern Abend Bürgerversammlung zur "Bodenseetherme" · Gelächter bei der Nennung der Zahl 300 000

Überlingen

Umfassend und in allen Details erläutert wurde gestern Abend in einer Bürgerversammlung die geplante Bodenseetherme auf dem Westbadgelände. Dabei gab es in dem gut gefüllten Kursaal gleich eingangs Gelächter offensichtlich von den Badgegnern, nachdem Baubürgermeister Volkmar Weber in seinen einleitenden Worten von prognostizierten 300 000 Besuchern im Jahr sprach.

VON SÜDKURIER-REDAKTEUR WILHELM LEBERER

Zunächst hatten die Fachleute das Wort, ehe dann die Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit hatten, ihre Meinung zu sagen und Fragen zu stellen. Darauf werden wir in unserer morgigen Ausgabe zurückkommen. Bereits vor der Bürgerversammlung war auch von dem Angebot, die im Foyer des Kursaals aufgehängten Pläne anzuschauen und sich bereits Informationen zu holen, reger Gebrauch gemacht worden.

Alle Register wurden von den Fachexperten angesichts des vom Gemeinderat beschlossenen Bürgerentscheides gezogen, um das geplante Hallenbad auf dem Westbadgelände ins rechte Licht zu rücken. Auf dem Podium saßen neben Weber: Rudolf Wienands, Planer des Bades; Bernd Kannewischer, zuständig für Haustechnik und Wirtschaftlichkeit sowie Siegfried Klotz, Kostenermittlung.

Bürgermeister Weber war sichtlich bemüht, ohne Emotionen und ganz sachlich die Gründe für die Notwendigkeit eines Erlebnisbades mit einem Baukostenvolumen von 30 Millionen Mark für die Stadt darzulegen. "Wir brauchen das Bad für den Tourismus und die Freizeit", stellte er fest. Der Tourismus müsse gefördert werden, wenn die Stadt das Prädikat "Kneipp-Heilbad" nicht in Frage stellen wolle. Die wirtschaftlichen Bereiche "Gesundheit und Erholung" müssten sichergestellt werden. Nicht umsonst sei das Land bereit, 5 Millionen Mark aus der Tourismusförderung für das Bad zur Verfügung zu stellen. Zur Standortfrage Westbad stellte Weber klipp und klar fest: "Wo sonst, wenn nicht am See." Zudem werde die bisherige Fläche des Westbades "in nur ganz geringem Umfang" tangiert. Und schließlich: "Ein Erlebnisbad belebt auch die Innenstadt", ist sich Weber sicher.

Gelächter gab es allerdings, als Weber auf die prognostizierten 300.000 Besucher im Jahr zu sprechen kam. Er ließ sich damit allerdings nicht provozieren, sondern stellte fest: "Das ist eine realistische Zahl, die nicht aus der Luft gegriffen ist." Keinen Zweifel an dieser Zahl ließ auch Architekt Rudolf Wienands. Über die Zahl 300 000 müsse überhaupt nicht gelacht werden. Seine Begründung: "Die Lage am See ist nicht hoch genug einzuschätzen."

Wienands seinerseits war bemüht, mit Fotos und Montagen die Realität der Bodenseetherme mit Erlebnisbad und Rutschen, Wellnessbereich und Sauna an der Leinwand sichtbar zu machen. Er konnte damit die Dimensionen aufzeigen, wie sich der Baukörper in Bäume und Landschaft des Westbades einfügt. Er versuchte, schon frühzeitig die kritischen Bedenken der Badgegner auszuräumen. Wienands: "Die Bäume sind teils höher als das Gebäude. Wir tun alles, um das Grün zu erhalten." Er verwies auf die bestehende Liegewiese, die weitgehend ungestört erhalten bleibe. Es könne also keinesfalls die Rede davon sein, dass das Westbadgelände fast verschwinde.

Eindrucksvoll - sicherlich sowohl für Gegner als auch Befürworter - die Aufnahmen vom Bodensee aus. Wienands kommentierte dazu: "Eine Störung der durchgehenden Grünzone ist nicht auszumachen. Die Gebäude wirken unauffällig." Der Eindruck: Die Bäume bleiben dominant und der Wiesenbereich bleibt erhalten. Die vorliegende Planung sieht Wienands als einen Kompromiss, auf den man sich doch einlassen könne, wenn ein Bad ganzjährig zur Verfügung stehe und das Westbad weitestgehend erhalten bleibe.

Das derzeit im Westbad stehende Stangengerüst, das die Dimensionen des Bades aufzeigt, soll in der nächsten Woche aus Verkehrssicherheitsgründen demontiert werden. Heute, Freitag und am Montag besteht für Interessenten allerdings nochmals die Möglichkeit, mit einem Schiff der Segelschule Raschewski auf den See hinauszufahren, um einen Blick auf das Gerüst zu werfen. Die Abfahrten sind jeweils um 18 Uhr gegenüber des Westbahnhofes.

Pläne und Informationstafeln zur Bodenseetherme sind ab der nächsten Woche im Vorraum des Rathauses zur Besichtigung ausgestellt.