Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Freizeitbad Nemo im Seepark Sellin auf Rügen

Presse Freizeitbad Seepark Sellin


Ostsee-Zeitung 9./10. 02. 2002

Gesellschaft kauft leere Läden

Neuer Nemo-Eigentümer aber noch nicht in Sicht

Sellin

(OZ) "Geisterstadt" nennen Ortsansässige und Urlauber den Seepark. Und meinen damit besonders die halbfertigen, leeren Läden in den Erdgeschossen der Ferienblöcke. "Sanierungsfall" nennt dagegen die Gläubigerbank ihr großes Selliner Sorgenkind, für sie ein Millionengrab schlechthin. Sollten bislang die Läden und einige Wohnungen einzeln vermietet werden, hoffen die Banker nun, die Grabstelle am Stück los zu werden. Nach Aussagen der Bankaktiengesellschaft (BAG), dem Sanierungsinstitut der Volks- und Raiffeisenbanken, steht ein Verkauf kurz vor dem Abschluss.

Eine Investmentgesellschaft wolle die Gewerberäume komplett erwerben, ausbauen und dann vermieten, sagte Udo Wittler vom BAG-Vorstand. Die namentlich ungenannte Gesellschaft sei "ernsthaft interessiert" und verhandele mit dem Insolvenzverwalter über die Kaufbedingungen. Zwar sei noch nichts endgültig unter Dach und Fach, doch er sei optimistisch, dass dem Seepark bald neues Leben eingehaucht werde.

Mit einer Entscheidung rechnet der Sprecher aus der BAG-Zentrale im westfälischen Hamm noch im Februar. "Wenn die Investmentgesellschaft zuschlagen sollte, dann wird schnell etwas mit den Läden passieren. Denn jeder Tag eines weiteren Leerstandes verursacht immense Zins- und andere Kosten", so Udo Wittler im Gespräch mit der OZ.

Nach seinen Angaben setzt die kaufwillige Gesellschaft auf ein völlig anderes Konzept als der bislang in Sachen Seepark tätige Unternehmensberater. Die Idee, Geschäftsinhaber aus der Umgebung nach Sellin zu locken, werde aufgegeben. Der Kaufinteressent wolle stattdessen ausschließlich bundesweit Ladenmieter für die Groß-Ferienanlage suchen, meinte er.

Doch wer ist der potentielle Investor? Bei dem handele es sich offenbar lediglich um eine weitere Tochtergesellschaft des Verbandes der Volks- und Raiffeisenbanken. Das sagte jedenfalls der Selliner Bürgermeister. Reinhard Liedtke hatte kürzlich an einer Vor-Ort-Ort-Besichtigung mit den BAG-Vertretern und dem potenziellen Käufer teilgenommen, bei dem es um die aktuelle Lage des Parks und den Vorhabens- und Erschließungsplan ging, der weitere Bauten vorsieht.

Änderungsanträge zur Planung habe es dabei seitens der Bankvertreter nicht gegeben, so Liedtke, eben so wenig wie Konkretes zur Zukunft der wirtschaftlich angeschlagenen Selliner Großferienanlage.

Egal, ob die leeren Läden nun nur an eine Investment-Tochter des Volks- und Raiffeisen-Verbundes oder an einen unabhängigen Dritten verkauft werden, die Gläubigerbank des Pleite-Projekts wäre zumindestens formal eine Sorge los. Ein Teil der Gelder, die die Berliner Volksbank einst der T.G. Planbau des Herrn Tell aus Norden für die Errichtung des Seeparks bewilligt hatte, würde in die Bankkasse zurückfließen. Das Institut für Problemkredite wäre damit allerdings noch lange nicht aus dem Schneider. Denn dass der ominöse Käufer der Läden auch gleich das zweite Millionengrab "Nemo - die Wasserwelt" mit erwerben wird, hält selbst Udo Wittler für unwahrscheinlich. Die Investmentgesellschaft sei noch nicht überzeugt, dass sich der Betrieb des Bades rechnen könnte, gab der BAG-Mann zu verstehen. Das kürzlich in Insolvenz geschickte Erlebnisbad halte die Bank aber weiter am Leben. Aus guten Gründen und trotz der hohen Verluste. Geht es doch um Kredite von gut zehn Millionen Euro, die sein Institut gern mal wieder sehen möchte. Bei einer Schließung aber, so die Logik von Udo Wittler, würde die Attraktivität der Anlage weiter sinken. Und dies gefährde endgültig jeden Heilungsversuch für den kranken Großpark. Am Ende eine wirkliche "Geisterstadt" und zudem riesige Investitionsruine zu haben, sei nicht im Interesse seines Sanierungsinstitus, beteuerte er.

BERNHARD MEHNKE


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