Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Therme Schleswig

Presse Gesundheits-Therme Schleswig


Schleswiger Nachrichten 23. Januar 2009

"Therme ist durch nichts zu ersetzen"

Er gilt als Macher und als kühler Rechner: Renko Schmidt, der frühere Geschäftsführer der Buss-Gruppe und neue Mitgesellschafter von "Team Vivendi". Er will die Entwicklung des neuen Stadtteils auf der Freiheit vorantreiben, setzt auf Hausboote und eine Therme. Hohe Summen schrecken ihn nicht, "wenn sie sich rechnen". Mit dem Manager sprach unser Redaktionsmitglied Frauke Bühmann.

Herr Schmidt, Sie sind in Ihrer bisherigen Funktion als geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Buss-Gruppe in Erscheinung getreten als kühler Rechner, dessen täglich Brot es ist, Projekte zu forcieren und dabei Zahlen und Bilanzen erfreulich zu gestalten. Nun scheint es, als begleiteten Sie das Stadtteil-Projekt in Schleswig auch mit ein bisschen Herzblut. Denn wären Sie sonst bei der Buss-Gruppe ausgestiegen, um weiter auf der Freiheit mitzumachen? Und das sogar auf eigenes finanzielles Risiko?

Auch mit Herzblut, aber schon auch mit einem klaren Blick auf die Zahlen. Zwei Jahre lang habe ich als Geschäftsführer der Buss-Gruppe die Planungen auf der Freiheit mit begleitet. So sind mir das Projekt und die handelnden Personen vom "Team Vivendi" vertraut. Und das ist der wesentliche Punkt bei dieser Sache: das Projekt-Know-How ist hier geblieben.

Dennoch bedeutet es wohl nach wie vor einen herben Rückschlag, dass die Buss-Gruppe als Hauptinvestorin auf der Freiheit nicht mehr zur Verfügung steht?

Natürlich ist das bedauerlich, aber der Schritt zum Ausstieg war angesichts der wachsenden Probleme nachvollziehbar. Doch wie gesagt: Investoren lassen sich erneut finden - das bisher erarbeitete Projekt-Know-How ist aber nicht innerhalb weniger Tage zu ersetzen. Das hätte neu erarbeitet werden müssen. Und es hätte viel Zeit und damit Geld gekostet, zwei Jahre Projektentwicklung in den Sand zu setzen. Schließlich hatte auch die Buss-Gruppe innerhalb der letzten zwei Jahre bereits eine halbe Million Euro an Planungskosten in dieses Projekt investiert. Diese Pläne wurden maßgeblich vom Berliner Architekturbüro Behrens erarbeitet, mit dem wir ebenfalls weiter eng zusammen arbeiten können. Wir müssen also nicht wieder bei Null anfangen.

Sie sind Großstädter, leben in Hamburg und Bremen. Was reizt Sie an diesem Schleswiger Projekt an der Schlei?

Es ist ein sehr spannendes und ungewöhnliches Projekt, einen ganzen Stadtteil neu zu schaffen - eben mit den besonderen Akzenten des Wohnens am Wasser, des gesunden Lebensstils und des sich Wohlfühlens. Das ist genau das, was die Leute, auch die mit viel Geld, in heutiger Zeit wollen: Ruhe und Erholung vom stressigen Alltag, aber keine weiten Anreisen per Flieger. Sie wollen Serviceleistungen, eben umsorgt werden auch bei Krankheit und im Alter. Ich glaube daher an diese einmalige Konzeption und an dieses Projekt - im Gegensatz zu anderen Projekten, die auf der grünen Wiese entstehen sollen und vielfach eine hohe Freizeitausrichtung und kommerzielle Prägung aufweisen. In Schleswig gibt es zudem eine Infrastruktur, die übrigens durch den neuen Stadtteil auf der Freiheit einen großen Auftrieb erhalten wird. Da bin ich mir sicher. Ich sehe daher sehr gute Chancen, andere Menschen von diesem Projekt zu begeistern.

Auch Investoren?

Sicherlich auch Investoren.

Es kursiert das Gerücht, Sie hätten bereits einige an der Hand. Erschwert eigentlich die Finanzkrise die Suche nach Investoren?

Die Finanzkrise hat für uns zwei Auswirkungen: Das Geld wird zur Zeit festgehalten, etwa bei den Banken, die zurückhaltend sind mit der Kreditmittelvergabe. Auf der anderen Seite ist genügend Geld vorhanden bei privaten und institutionellen Investoren. Die legen ihr Geld gern weiterhin in gute, wirtschaftlich sinnvolle Projekte an. Gut ist zudem, dass der Renditewahn gestoppt zu sein scheint. Was unsere Investorensuche angeht, so gibt es Interessenten. Aber ich brauche noch etwas Zeit, um alles vorzubereiten.

Meinen Sie das Thema Therme?

Ja, daran hängt alles. Die Therme ist integraler Bestandteil der jetzt geplanten Konzeption und durch nichts zu ersetzen. Hafen, Ferienpark, Hotel hängen untrennbar mit dieser Attraktion zusammen.

Wie in dieser Woche aus städtischen Sitzungen verlautete, scheinen im noch unter Verschluss gehaltenen Gutachten für die Therme die Kosten geradezu explodiert zu sein. Aus den ursprünglich 14 Millionen sind über 30 Millionen Euro geworden. Jagen diese Zahlen selbst Ihnen als zahlenorientiertem Geschäftsmann nicht einen kleinen Schrecken ein?

Nein. Zunächst einmal: Wir kennen das Gutachten noch gar nicht. Wir warten darauf seit 15 Monaten. Wenn wir es bekommen, werden wir es auswerten. Bis Ende Februar dürften wir uns ein Bild über die Lage verschafft haben. Außerdem sind in den höheren Gesamtkosten, die Sie anführen, neue Posten enthalten: eine Erdwärme- und Salzsole-Bohrung sowie ein Parkhaus für die Kultur-Therme. Nicht zu vergessen die zirka 30 Prozent Preissteigerung im Baugewerbe seit den ersten Kostenschätzungen.

Und Sie bleiben tatsächlich cool? Keine Angst vor den Millionen? Zumal Schleswiger Stadtvertreter bereits signalisiert haben, in Sachen Gesundheitstherme bei hohem Risiko nicht mitziehen zu wollen.

Angst habe ich nicht, wohl aber Respekt vor der Summe. Angst lähmt, und das ist nicht gut. Entscheidend ist bei guten Projekten letztlich nicht die Summe, sondern dass es sich rechnen lässt. Von Interesse ist, ob man Investoren gewinnt, die bereit sind, in Erwartung bestimmter Renditen die Millionen einzusetzen. Und das wird geprüft werden.

Welches Verhältnis haben Sie als neuer Team-Vivendi-Gesellschafter zu den Schleswiger Stadtvertretern? Haben Sie bereits Gespräche miteinander geführt?

Seltsamerweise kaum. Auch als Buss-Geschäftsführer habe ich mich immer gewundert: Warum kommt eigentlich nur selten jemand von der Stadt zu den Besprechungen auf die Freiheit? Hier läuft ein Riesenprojekt mit so viel Entwicklungspotenzial für Schleswig - da könnte doch auch mal mehr Engagement seitens der Stadt kommen. So kenne ich das jedenfalls von anderen, auch viel kleineren Projekten im Lande, die ich ebenfalls betreue und betreut habe. Auch für das Wirtschaftsministerium in Kiel sehe ich interessante Möglichkeiten, auf der Freiheit etwas ganz Neues kreativ zu entwickeln. Etwa mehrere kleine Projekte an das große Stadtteilprojekt anzudocken: Wie regenerative Energien oder ein Zentrum für Hausbootentwicklung und Hausbootbau.

Apropos Hausboote. Sie halten an den 14 Hausbooten fest, suchen jetzt jedoch innerhalb des Sportboothafens einen neuen Standort?

Das prüfen wir zur Zeit, wir werden eine Lösung finden. Hausboote sind in Deutschland heiß begehrt, und die Lage an der Schlei ist ideal. Warum also sollte man nicht das Thema Hausboote von Schleswig aus auch für andere Standorte an der Schlei entwickeln? Dann könnten auch andere Gemeinden und die kleinen Werften an der Schlei davon profitieren. Schleswig könnte eine Art Kompetenzzentrum für Hausboote werden.

Ein Engagement in diese oder auch in andere Richtungen liegt in der Luft. Man muss es nur anpacken.


Presse Therme Schleswig