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Therme Schleswig

Presse Gesundheits-Therme Schleswig


Schleswiger Nachrichten 29. April 2009

Politischer Fehler - oder "Magnet für die Stadt"?

Ratsdebatte über Gesundheitstherme / SPD übt scharfe Kritik an Eigentümer der früheren Kaserne / Projektkosten laut CDU viel geringer als bisher angenommen

Schleswig
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- In der Ratsdebatte über die Gesundheitstherme prallten schwer zu überbrückende Gegensätze aufeinander. Der Großteil der zweieinhalbstündigen Diskussion wurde von CDU und SPD bestritten. Die Sozialdemokraten bekräftigten ihre Auffassung, dass das Risiko einer städtischen Beteiligung zu hoch sei. Die Unionsvertreter bemühten sich vor allem darum, die Thermen-Kosten herunterzurechnen und warben für eine Beteiligung der Stadt. Letztendlich konnte sich keiner mit seinen Vorstellungen durchsetzen (siehe SN-Ausgabe von gestern).

Karsten Reimer, SPD-Fraktionschef, verwies auf die gutachterliche Schätzung, dass sich die Stadt mit einer Summe von 1,3 bis zwei Millionen Euro jährlich an der Therme beteiligen müsse. "Ich glaube, dass fast alle wissen, dass es nicht zu einer tollen Therme kommen kann. Aber keiner hat den Mut, es ’Team Vivendi’ mal zu sagen", erklärte Reimer mit Verweis auf den Eigentümer des früheren Kasernengeländes. Insbesondere an "Vivendi" ließ er kaum ein gutes Haar. Mit Blick auf den anwesenden "Vivendi"-Mitgesellschafter Volker Schlüschen sagte er, dass "gute und schlaue Ideengeber einen Plan B in der Tasche hätten". Reimer bezeichnete es als politisch falsch, eine Gesundheitstherme durch Steuergelder zu finanzieren. Weitaus wichtiger seien Investitionen des Staates in Bildung.

Sein Fraktionskollege Eckhard Haeger verwies darauf, dass das Land nur Zuschüsse gewähre, wenn unter anderem gesichert sei, dass neben der Therme in Hotel entstehe. Von entsprechenden Vorverträgen sei ihm nichts bekannt. Haeger: "Was hat Vivendi bis heute vorgelegt? Nichts!" Er warf die Frage auf, ob die Kaserneneigentümer die richtigen Partner für die Stadt seien: "Die fordern nur, scheinen sich aber nicht in den Prozess einzubringen."

Für die CDU sprach Ratsherr Frank Neubauer. Er berief sich auf namhafte Tourismusexperten und sagte, dass eine Gesundheitstherme für Schleswig und das Land ein großer Gewinn wäre. Neubauer rechnete die von den Gutachtern ermittelten Gesamtkosten des Projekts (31,3 Millionen Euro) auf 15,37 Millionen Euro herunter (siehe Info-Kasten). Würde die Stadt diese Summe über einen Kredit finanzieren, müsste sie jährlich eine Million Euro dafür aufwenden. Eine weitere Kostenreduzierung könnte sich durch ein Unternehmen ergeben, das eigenes Geld investieren wolle. Eine solche Zusage, so Neubauer, ließe sich über den weiteren Verfahrensschritt erlangen. "Der Bürgermeister macht in diesem Projektstadium das einzig Richtige und schlägt ein Markterkundungsverfahren vor."

Der FDP-Ratsherr Jürgen Wenzel zeigte sich vom Sinn des Markterkundungsverfahrens ebenfalls überzeugt. Er betonte jedoch, dass er der Therme nicht zustimmen werde, wenn die Kosten am Ende des Verfahrens höher wären als bei der jetzigen Schwimmhalle. Grundsätzlich sei die FDP bisher weder für ein "nostalgisches Festhalten an der bisherigen Schwimmhalle gewesen" noch habe man die Therme als alleinigen Hoffnungsträger für die Stadt gesehen.

Dr. Johannes Thaysen (Grüne) sah eine wichtige technische Frage in Sachen Therme noch nicht beantwortet. Wie sei es darum bestellt, tatsächlich Salzsole im Schleswiger Umfeld zu entdecken? Er habe von Geologen erfahren, dass dies sehr kritisch zu sehen sei. Bevor man in ein Markterkundungsverfahren einsteige, sollte man zunächst prüfen, ob man tatsächlich auf Sole zurückgreifen könne. Die Sole soll laut Gutachten dazu dienen, der Schleswiger Therme einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Einrichtungen dieser Art zu verschaffen. Thaysen sagte, die in Schleswig festzustellende "Gutachteritis" bedeute nur eine weitere Verschleppung des Verfahrens. Ein Projekt wie die Therme könnte nur verwirklicht werden, wenn große Teile der Bevölkerung dahinterstünden.

Otmar Petersen, Fraktionsvorsitzender des SSW, verwies auf das im vergangenen Jahr vorgestellte Tourismus-Gutachten. "Uns ist deutlich vor Augen geführt worden, dass wir in Sachen Museen und Wassersport gut aufgestellt sind, aber darüber hinaus wenig zu bieten haben, um weitere Gäste anlocken zu können." Die Therme würde neue Arbeitsplätze schaffen, die Entwicklung auf der Freiheit beflügeln, zusätzliche Kaufkraft generieren und der Region wertvolle Aufträge sichern.

Bürgermeister Thorsten Dahl zeigte sich gegenüber dem Projekt Therme aufgeschlossen. "Uns fehlt in Schleswig ein Magnet", sagte er und unterstützt damit die Auffassung der CDU und von Teilen des SSW. Er hielt es für realistisch, dass die Stadt mit einer Belastung in Höhe von "einer Million Euro pro Jahr" zu rechnen habe. "Wenn wir die Therme wollen, müssen wir das bezahlen." Dieses Projekt würde der Stadt das Profil verleihen, saisonunabhängig ein Angebot vorhalten zu können. Dahl machte zugleich deutlich, dass diese Finanzierung nicht ohne zusätzliche Belastungen zu haben sei. So könnte die Einführung von Parkgebühren eine jährliche Einnahme für die Stadt von 600 000 bis 800 000 Euro zur Folge haben. Als weitere Möglichkeit nannte Dahl die Einführung einer Fremdenverkehrsabgabe. Zu den Bürgern, die gegen den Neubau einer Schwimmhalle an der Therme eintreten und stattdessen das Hallenbad an der Friedrich-Ebert-Straße erhalten wollen, sagte der Bürgermeister: In die bestehende Schwimmhalle müssten drei Millionen Euro investiert werden. "Dann können wir die Preise nicht mehr so lassen, wie sie heute sind."


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