Freizeitbad Waikiki Pinneberg
Pinneberger Zeitung vom 10. 7. 1999
"Waikiki" zu den Akten legen!
SPD-Chef Hoffmann: Freizeitbad gehört in ein Gewerbegebiet
Von FRANK SCHULZE
Pinneberg - Erster Stadtrat kontra Bürgermeister: Herbert Hoffmann, SPD-Parteichef in Pinneberg und als Erster Stadtrat zugleich Stellvertreter von Bürgermeister Horst-Werner Nitt, hat sich dafür ausgesprochen, das gigantische "Waikiki"-Projekt noch einmal grundsätzlich zu überdenken beziehungsweise sich ganz von dem 70-Millionen-Vorhaben zu verabschieden. Hoffmann sieht sich nach eigenen Worten "außerstande, den Gedanken von Bürgermeister Nitt zum Umbau des derzeitigen Bades in ein Erlebnisbad noch Folge leisten zu können".
"Schon die erste Vorstellung eines Verkehrsgutachten machte deutlich, daß der Umbau in einigen Straßen zu einer unzumutbaren Verkehrslage führen wird", betont Hoffmann in einer Pressemitteilung. Vor allem für die Anlieger der Straße Am Rehmen würde der Bau des Erlebnisbades nicht hinnehmbar sein. Auch der Idee des Bürgermeisters, eine Verbindung zwischen Rockvillestraße und Burmeisterallee zu schaffen, kann er nicht folgen. Hoffmann: "Dargestellt wurde dieser Durchstich immer als mögliche Entlastung weiter teile der Innenstadt und des Rehmens. Bisher steht aber fest, daß der Durchstich zu einer weiteren Belastung der Straße "Am Rehmen" und anderer Straßen im Innenstadtgebiet führen wird und höchstens zu einer leichten Entlastung der Autobahn 23."
Weiteres Argument gegen das 70-Millionen Projekt: das Bad würde in einem Teil der Stadt liegen, der bisher für Erholungssuchende und nicht für eine große Vergnügungsindustrie vorgesehen ist. Hoffmann: "Waikiki würde zu einer gewaltigen Beeinträchtigung des Fahlts, des Rosengartens und anderer Naherholungsgebiete führen, die bisher ein wichtiges Stück Lebensqualität für die Stadt Pinneberg sind." Kurzum: Ein Erlebnisbad von der Größe des "Waikiki"-Projektes gehört nach den Vorstellungen Hoffmanns in ein reines Gewerbegebiet.
Hoffmann plädiert dafür, das alte Konzept wieder aufzunehmen, das den Bau von verschiedenen Modulen (Eltern-Kind-Anbau, 25-Meter-Sommerbecken, Riesenrutsche) in der Nähe des Hallenbades vorsah. Auch eine Privatisierung im überschaubaren Rahmen sollte nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.
Gegen das "Waikiki"-Projekt spreche vor allem auch, daß das Firmengeflecht der Schweizer Planungsfirma Aqua Planet sehr unüberschaubar ist und nicht nur in Pinneberg mit Argwohn betrachtet wird. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft in Thüringen im Zusammenhang mit dem Bau des Erlebnisbades in Zeulenroda gegen Aqua Planet wegen des Verdachts des Subventionsbetruges. Zudem wird wegen des Verdachts der Untreue und der Korruption gegen Zeulenrodas Bürgermeister Frank Steinwachs (CDU) ermittelt. Er soll Aqua Planet behilflich gewesen sein, in zwei Jahren vermutlich mehr als zwei Millionen Mark beiseite zu schaffen. Jetzt fahndet offenbar auch das Landeskriminalamt in der Schweiz nach Steinwachs-Konten. Einem gestern in der "Frankenpost" erschienen Artikel zufolge sollen auch die Kriminalstelle der EU-Kommission (UCLAF) und der Europäische Rechnungshof die "Waikiki"-Akten erhalten haben.
Pinnebergs Bürgermeister Horst-Werner Nitt hat die geballte Kritik an Aqua Planet bisher allerdings ebenso wenig beeindruckt, wie die Tatsache, daß sich in Velbert (bei Düsseldorf) die Einwohner im Rahmen eines Bürgerentscheids am 13. Juni gegen den Bau eines Erlebnisbades ausgesprochen haben. Auch die Stadt Jülich hat mittlerweile Abstand von einem Riesenprojekt Marke Zeulenroda genommen. Für den Pinneberger Verwaltungschef sind diese Planungen mit dem vorgelegten Pinneberger-Konzept nicht vergleichbar.
Was die "Frankenpost" herausfand
Unter der Überschrift "Die Waikiki-Affäre: Korruption unter Palmen?" erschien gestern in der "Frankenpost" ein Artikel über die Realisierung des bisher einzigen "Waikiki"-Projektes in Zeulenroda (Thüringen). In seinem Mittelpunkt stehen Vorwürfe gegen das Unternehmen Aqua Planet wegen des Verdachts des Subventionsbetruges und gegen Zeulenrodas Bürgermeister Frank Steinwachs wegen des Verdachts der Untreue und der Korruption.
Laut Frankenpost soll sich Aqua Planet unter anderem um die Zukunftssicherung Steinwachs´ gekümmert haben, indem für ihn eine Anstellung nach seiner Bürgermeister-Zeit als Geschäftsführer der "Waikiki"-Betriebsgesellschaft BWZ vereinbart wurde. Festgelegt wurden ein Jahresgehalt von 150 000 Mark, eine jährliche Tantieme von mindesten 40 000 und ein Dienstwagen der Mittelklasse.
Aqua Planet soll über die BWZ mehrere Millionen Mark aus dem Bäderbetrieb in die Schweiz transferiert haben - in Form von Franchisegebühren und Beratungshonoraren. Aqua Planet Geschäftsführerin Claudia André, die auch Geschäftsführerin der BWZ ist, soll für ihre Tätigkeit jährlich 240 000 Mark plus Spesenpauschale (monatlich 3 000 Mark) kassieren, obwohl sie in Zeulenroda nur einige Male zu Gast gewesen sein soll und ansonsten ihren Job in der Schweiz ausübt.
Außer der Staatsanwaltschaft, Landeskriminalamt, Kriminalstelle der EU-Kommission und Europäischem Gerichtshof sind nun auch das Thüringer Landesverwaltungsamt sowie Justiz-, Innen- und Wirtschaftsministerium in Erfurt auf den Fall aufmerksam geworden. frs