Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Barbara Geisel, Highship Industries & Tycoon in Flensburg

Aufgedeckt: Plagiate auf highship-industries.com


Presseübersicht Barbara Geisel & Highship Industries in Flensburg


Schleswig-Holstein am Sonntag, 21. April 2013

Highship Industries

Die Flensburger Flieger-Posse am Harniskai

von Holger Ohlsen

Flensburg träumte von einer Zukunft als neue Hochburg für den Flugboote-Bau. Doch die Investorin hat alle geblendet. Umso tiefer sitzt nun die Enttäuschung in der Fördestadt.

Flensburg. Welcher Bürgermeister kann da schon widerstehen? Eine vom Wirtschaftsministerium wärmstens empfohlene britische Firma mit einer deutschen Gesellschafterin versprach in Büdelsdorf und Flensburg, zwei Hochtechnologie-Standorte für die Produktion und Montage neu entwickelter Flugboote zu errichten. Bis zu 400 Einheiten jährlich sollten von Facharbeitern und Ingenieuren entwickelt, gebaut, erprobt und in alle Welt geliefert werden. Parallel wurden Flensburg für das ebenfalls dort entstehende Piloten-Schulungszentrum jährlich mehr als 4000 Hotel-Übernachtungen versprochen. Doch statt guter Jobs und sprudelnder Gewerbesteuer-Einnahmen gab's ein böses Erwachen. "Highship Industries Ltd." aus Bristol war offensichtlich nur auf Luftschlösser spezialisiert.

Anfang der vergangenen Woche zog Flensburg die Reißleine. Der Rat der Stadt beauftragte Oberbürgermeister Simon Faber mit der Rückabwicklung eines Ende 2010 geschlossenen Erbbauvertrages über ein schönes, großes Hafengrundstück, auf dem sich über zwei Jahre nichts, aber auch gar nichts getan hat.

Den Ankündigungen folgten keine Taten

Eigentlich sollten dort die schnellen Zwitterwesen aus Flugzeug und Boot bereits für den weltweiten Export montiert werden. Doch die Investorin Barbara Geisel, eine Geschäftsfrau aus Bad Nauheim, geriet zum Leidwesen der Stadt nicht nur mit der Pacht schnell in Rückstand, sie ließ ihren Ankündigungen auch keinerlei Taten folgen.

Das erste Warnsignal kam Mitte 2011 aus Büdelsdorf, wo nicht nur die Komponenten für die Endmontage in Flensburg gebaut werden, sondern für weitere 40 Millionen Euro auch eine große Veranstaltungs- und Ausstellungshalle für Bodeneffekt-Fahrzeuge entstehen sollte. In Büdelsdorf war die Geduld schon nach etwas mehr als einem halben Jahr erschöpft. Bürgermeister Jürgen Hein setzte Highship wegen Untätigkeit kurzerhand vor die Tür. Damit war dem Montagestandort Flensburg schlagartig die Basis abhanden gekommen, aber Geisel versicherte, der Verlust des Produktionsstandortes spiele keine Rolle für Flensburg. Das war der Zeitpunkt, als auch den letzten die ersten Zweifel kamen.

Etliche Unternehmen von Fußpflege bis Flugboot

Recherchen des Flensburger Tageblatts und von Abgeordneten der Flensburger Wählergemeinschaft WiF deckten nach und nach Ungereimtheiten im unternehmerischen Wirken einer Frau auf, die von ihrem Stammsitz in Bad Nauheim aus weit über 20 Stiftungen und Genossenschaften, ein Bankhaus in Gründung und etliche Unternehmen mit einem breiten Spektrum von Fußpflege bis Flugboot leitet.

Rund um das Produkt "Bodeneffekt-Fahrzeug" hatte sie ein Netz aus Briefkastenfirmen gesponnen, die finanziell so gerade mit dem Notwendigsten ausgestattet waren und kaum Lebenszeichen unternehmerischer Aktivität von sich gaben. Mitte Januar dieses Jahres erschienen zwar über Nacht 72 Millionen Pfund Eigenkapital auf der Habenseite der Highship Industries Ltd., doch ob diese Summe - wie von Geisel behauptet - tatsächlich eine Einlage deutscher, saudischer und britischer Familien darstellt, ist zweifelhaft.

Kleiner Bilanztrick mit großer Wirkung

Nirgendwo im Firmengeflecht fanden sich nämlich Hinweise auf andere Gesellschafter als Barbara Geisel. Dafür gab's aber Hinweise auf einen kleinen Bilanztrick mit großer Wirkung. Nachforschungen im britischen Handelsregister kamen zu dem Resultat, dass Highship Industries "called up share capital" bilanziert hatte, also Kapitaleinlageforderungen an ihre Gesellschafter - die ebenfalls Geisel-Firmen sind. Theoretisch könnte also die Unternehmerin diese Summe generiert haben, indem sie einfach Forderungen gegen sich selbst erhob. Zu guter Letzt lässt sich der satte Kontostand schlecht mit einer Anzeige auf der Spendenplattform betterworld.org in Deckung bringen, auf der die Geisel-Stiftung "Holomix" um eine 2500-Euro-Spende für die Entwicklung des Bodeneffektfahrzeugs bittet.

Beantworten mochte Barbara Geisel Presseanfragen zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr. So blieb auch der Widerspruch unaufgeklärt, wie sie bei den Vertragsverhandlungen in Flensburg behaupten konnte, sie verfüge über ein genehmigtes Testgebiet auf der Ostsee. Das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt in Lübeck nämlich hatte auf Presseanfrage mitgeteilt, die Unternehmerin habe 2012 (!) lediglich eine unverbindliche Anfrage gestellt, die Behörde habe in diesem Zusammenhang ihre Skepsis geäußert, den Testbetrieb der bis zu 300 Stundenkilometer schnellen Fahrzeuge zu genehmigen.

Airbus geht gegen Highship vor

Das Fass zum Überlaufen aber brachte die Nachricht, Geisel habe ihre Unternehmensdarstellung komplett beim Weltkonzern Airbus abgekupfert. Tatsächlich finden sich englische Texte des internationalen Internet-Auftritts von Airbus wortgleich auf den Seiten von Highship Industries wieder. Wie Airbus gegenüber Schleswig-Holstein am Sonntag mitteilte, habe man sich die Texte genau angesehen und Konsequenzen gezogen. "Wir stehen in Kontakt mit dieser Firma", so Unternehmenssprecher Florian Seidel. "Airbus schützt selbstverständlich seine Markenrechte."

Zuvor hatte die umtriebige Unternehmerin bereits den Hinweis von ihrem Online-Auftritt entfernen müssen, sie arbeite auf Vertragsbasis mit dem weltweit agierenden Zertifizierungsunternehmen Buerau Veritas zusammen. "Davon kann nicht die Rede sein", so eine Sprecherin der Hamburger Niederlassung. "Wir hatten uns vor längerer Zeit auf eine Ausschreibung hin gemeldet. Uns kam das Unternehmen aber merkwürdig vor. Wir haben den Kontakt schnell beendet." Von Highship war keine Stellungnahme zu bekommen.

Flensburg kann jetzt nur abwarten, ob es bei einem blauen Auge bleibt. Die Rückabwicklung des Vertrages dürfte nämlich zeitaufwändig werden, weil man bei Abschluss vergessen hatte, die Bauerrichtung an eine klar definierte Frist zu koppeln. Die Rechtsabteilung des Rathauses veranschlagt vorsichtshalber schon einmal fünf Jahre.

Eine Dokumentation der Aktivitäten gibt es unter www.tropenbad.de


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