Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Ferienresort Schloss Beberbeck

Presse Ferienresort Schloss Beberbeck


Quelle: HNA Online

Wenn Seifenblasen platzen

Klaus Sterns Dokumentarfilm ′Henners Traum′ lässt die Perspektiven für Beberbeck wenig rosig scheinen

Das Resort Beberbeck ist mausetot. Zu keinem anderen Schluss kann kommen, wer Klaus Sterns Dokumentarfilm "Henners Traum" über den tatkräftigen, unbeirrten Einsatz des Hofgeismarer Bürgermeisters Heinrich Sattler (CDU) für die Vision der größten europäischen Ferien- und Freizeitanlage im Reinhardswald gesehen hat.

Der in Schwalmstadt geborene, in Kassel lebende Grimme- und Fernsehpreisträger Stern ist ein Spezialist für kühne Träume, schönen Schein und heiße Luft. Sein neuester Streich, der wieder auf jeden Kommentar verzichtet, ähnelt in der Dramaturgie seinem preisgekrönten Film "Weltmarktführer", in dem Tan Siekmann, Gründer der vom Neuen Markt hochgejubelten, tief gefallenen Frankenberger Firma Biodata, vergeblich versucht, das Ruder des strauchelnden Unternehmens rumzureißen. "Weltmarktführer" schilderte einen Musterfall, beispielhaft für Höhenflug und Absturz an der Börse, für Versprechungen und Illusionen einer ganz neuen Wirtschaftswelt.

Wofür "Henners Traum" symptomatisch sein soll, wird weniger ersichtlich. Deshalb ist fraglich, ob er ein bundesweites Publikum in ähnlicher Weise begeistern wird. Für Zuschauer aus der Region, in der Beberbeck ein Politikum ersten Ranges darstellt, ist er gleichwohl von einiger Brisanz.

Zweierlei kann man auch am neuen Film des 39-Jährigen bewundern: Zum einen, wie er das uneingeschränkte Vertrauen seiner Protagonisten gewinnt: Er darf Sattler bis ins Bad hinein begleiten. Zweitens, wie es ihm gelingt, genau zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle zu sein.

So glücken ihm Szenen eindrucksvoller Nähe und Klarheit während Sattlers unermüdlicher Werbung bei potenziellen Investoren, darunter Firmen wie Bilfinger & Berger, einem Vermögensverwalter von SAP-Gründer Dietmar Hopp und dem Botschafter der Arabischen Emirate.

Die Perspektiven für das laut Sattler "dollste, schönste, feinste, eleganteste" Resort der Republik lässt der Film wenig rosig erscheinen. Ein ernsthaft interessierter Investor ist weit und breit nicht in Sicht. Wie in einen Luftballon, so sticht ein Immobilienfachmann auf der Messe Expo Real in die euphorische Schilderung des sich auf Englisch abmühenden Verwaltungschefs, der Pfingsten 2011 eröffnen will: "Sehr dumm" sei, das gesamte Projekt auf einmal anzugehen: mehrere Hotels und Golfplätze, Ferienhäuschen, künstliche Gewässer, Wellness und "Konferenzfacilities", Trabrennbahn und Poloplatz, mit einem Investitionsvolumen von bis zu 450 Millionen Euro. "Sie sind ja nicht Ludwig II. von Bayern."

Henner Sattler wirkt aber nicht größenwahnsinnig, sondern als sympathischer, zupackender Bürgermeister, der, weil er beseelt ist von seiner Idee, ein großes Rad drehen will. Er liebt den Ausdruck "situative Wendigkeit". Als wendig, wenn nicht windig, erweist sich vor allem der Projektentwickler Tom Krause aus Eschweiler bei Aachen, nämlich als ein selbstgefälliger, großspuriger Sprücheklopfer à la "Das Wort Probleme gibt's bei uns nicht".

Als einmal die Fetzen fliegen ("wir kommen nicht mehr von der Stelle", beklagt sich Sattler), erwidert Krause nüchtern, für ihn sei das Projekt Beberbeck nicht existenziell. Er könne es in zehn Minuten beenden. Für den Betrachter schwingt mit, dass er sich deshalb auch nicht sonderlich anstrengen muss. Die aktuelle Werbe-DVD für das Schloss Beberbeck Resort heißt übrigens: "Willkommen in einem wahren Märchen."

Von Mark-Christian von Busse

Beberbeck - eine Chronologie des Tourismus-Projekts

• September 2004: Der Hofgeismarer Bürgermeister Heinrich Sattler enthüllt Pläne für das gigantische Tourismusprojekt Beberbeck. Auf dem Gebiet der Staatsdomäne sollen Hotels, Wellnessanlagen, Golfplätze sowie 600 Ferienhäuser und Villen entstehen. Das 800 Hektar große Areal der Domäne, die im Besitz des Landes Hessen ist, soll bis zum Jahr 2011 ein Ferienprojekt der Superlative beherbergen. 6000 Betten sollen entstehen, man benötigt eine Auslastung von 75 Prozent.

• November 2007: Ministerpräsident Roland Koch legt Sattler einen Kaufvertrag für das Gelände der Domäne vor. Er hat ein Volumen von 9,2 Millionen Euro. Eine von Hofgeismar ins Leben gerufene Besitzergesellschaft kann nun Verhandlungen mit Hotelbetreibern und Investoren führen.

• September 2008: Das 420 Millionen Euro schwere Beberbeck-Projekt, für das es bereits mehr als 20 Studien, aber bislang noch keine Investoren gibt, bekommt einen Dämpfer. Naturschutzverbände halten das Tourismusvorhaben für viel zu groß. "Jenseits der 1000-Betten-Marke reden wir von Irrsinn", so Harald Reubert vom Naturschutzbund Nabu. (kle)

Die Termine

Kasseler Premiere für "Henners Traum" ist beim Dokumentarfilm- und Videofest am Donnerstag, 20 Uhr, im Bali-Kino. Weitere Termine: 17. bis 20.November, jeweils ab 20.30 Uhr, im Bali. Autor Stern verspricht bei diesen vier Aufführungen allen freien Eintritt, die zum Thema Beberbeck einen Leserbrief in der HNA veröffentlichten. Besucher müssen den Zeitungsausschnitt und ihren Personalausweis vorlegen. Am 23.11., 15 Uhr, läuft im Bali eine Aufführung für die Aktion Advent der HNA.

11.11.2008


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