Ferienresort Schloss Beberbeck
Presse Ferienresort Schloss Beberbeck
Quelle: HNA-Online.de 14.10.2010 |Hofgeismar
Interview mit dem ehemaligen Kasseler Landrat Dr. Udo Schlitzberger über die Planungen für ein großes Ferienresort
Mit Beberbeck im Teufelskreis
Warnt vor Gigantismus: Der frühere Landrat des Landkreises Kassel im Interview mit unserer Zeitung. Foto: Thon
Im Jahr 2004 stellte der damalige Landrat Dr. Udo Schlitzberger (SPD) zusammen mit Hofgeismars Bürgermeister Heinrich Sattler (CDU) und dem Architekten Tom Krause die Pläne für ein riesiges 6000-Betten-Ferienresort in Beberbeck, der Sababurg und dem Gesundbrunnen Hofgeismar vor. Doch inzwischen plädiert Schlitzberger für eine wesentlich kleinere und umweltverträgliche Lösung. Wir sprachen mit dem Landrat a.D. über seine Vorstellungen und seine Einschätzung der derzeitigen Lage.
Herr Dr. Schlitzberger, als vor sechs Jahren die Pläne für Beberbeck vorgestellt wurden, standen Sie als Befürworter mit in der ersten Reihe. Was waren Ihre Vorstellungen damals?
Dr. Udo Schlitzberger: Seit den 80er Jahre war Beberbeck schon ein struktur- und wirtschaftspolitisches Thema. Schon damals wurde an einen Hotelkomplex gedacht. Dann kam die Wiedervereinigung und die Investoreninteressen verschoben sich in Richtung Osten. Nach der Nutzung als Übergangsunterkunft für Aussiedler in den 90ern stehen diese Gebäude bis heute leer. Als mir dann das Ferienresort als ganzheitliches Projekt mit Einbeziehung der Sababurg und des Gesundbrunnens vorgestellt wurde, war ich als Landrat angetan. Denn, das ist bis heute so geblieben, die Nordspitze braucht Impulse. Nennenswerte Industrie werden wir hier mutmaßlich nicht mehr herbekommen.
In der Folgezeit hat sich Ihr ursprünglicher Enthusiasmus abgekühlt. Warum?
Schlitzberger: Skeptisch geworden bin ich als es hieß, unter Renditegesichtspunkten könne sich das Resort nur noch auf Beberbeck konzentrieren. Bestärkt in meiner Skepsis wurde ich durch weitere Tatsachen. So besagen Gutachten, dass die Beber- becker Allee als Zufahrt nicht verbreitert werden kann, was sich die Stadt ganz anders vorgestellt hatte. Zudem sahen wir hydrologische Probleme mit der Anlage großer Seen als Badegewässer mit Stränden und Lagunen. Da steht schon die EU-Richtlinie zu Badegewässern dagegen. Und als dann noch die Termine zur Vorstellung von Investoren und Betreibern immer wieder – Jahr für Jahr – verschoben wurden, habe ich gemerkt, das ist alles nicht mehr so, wie es ursprünglich geplant war.
Wie hat "Henners Traum", der Film von Klaus Stern, auf Sie gewirkt?
Schlitzberger: Das hat mich gewundert und geärgert. Im Hinblick auf den ursprünglichen Ansatz, Beberbeck zu entwickeln, war das nicht förderlich. Der Film war eine Negativwerbung, fast peinlich. Stern zeigte schonungslos auf, dass das Ganze auf keinem guten Weg mehr war.
Und Ihre Partei, die SPD, hat sich inzwischen auch von Beberbeck distanziert.
Schlitzberger: Das zeigte sich bereits bei dem Kreistags-Hearing 2007 als das Projekt mit 6000 Betten vorgestellt wurde und damals weder Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorgelegt, noch Investoren und Betreiber genannt worden waren. Vor wenigen Wochen hat der Kreistag die mehrfache Verschiebung des Closing-Termins missbilligt. Zudem hat er klar gemacht, dass auch die derzeitige Planung mit 4500 Betten viel zu groß ist. Eine touristische Nutzung ja, aber die muss in die Landschaft passen.
Sie sind aber doch weiter dafür, dass die Domäne touristisch genutzt wird?
Schlitzberger: Auf jeden Fall. Aber es muss eine reduzierte Lösung sein. Der historische Gebäudekomplex mit Schloss, Offiziantenhaus, den ehemaligen Stallungen, da kann man viel draus machen. Das bietet sich für eine touristische Nutzung geradezu an - auch mit Wellness und Bad. Dieses arrondiert mit Golf, Reiten, Jagd- und Wandertourismus. Voraussetzung ist ein angemessener Ersatz für die Evangelische Altenhilfe.
Die jetzt vorliegenden Planungen sehen Sie also als unrealistisch an?
Schlitzberger: So, wie sie sich mir darstellen, sind sie kaum realisierbar. So ein Resort wird nie gebaut werden können.
Ist das nicht eine etwas kühne Behauptung?
Schlitzberger: Ich glaube nicht. Schon allein wenn Sie die Bedingungen sehen, die das Land mit dem aufschiebend bedingten Kaufvertrag stellt. Einiges ist da nicht erfüllt. So muss die Stadt, so schrieb es schon 2005 Finanzminister Weimar ins Stammbuch, Rücklagen für den Fall bilden, dass die Investoren in der Bauphase pleite gehen. Ich sehe nicht, dass irgendwo Millionen für einen solchen Fall als Risikovorsorge zur Verfügung stehen. Auch von Finanzierungsgarantien europäischer Großbanken und dem Testat eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers ist mir nichts bekannt.
Aber dessen allen ungeachtet läuft das Bauleitverfahren weiter.
Schlitzberger: Ja, aber selbst wenn bis Mitte Dezember die Stadtverordneten den Satzungsbeschluss zum Baurecht fassen, wird’s ja dann erst richtig spannend. Wenn es nämlich bei dieser Größenordnung bleibt, wird es Widersprüche und am Ende wahrscheinlich Klagen geben.
Sie meinen, Naturschutzverbände werden vor Gericht ziehen?
Schlitzberger: Das ist angekündigt worden.
Wie können vor einem solchen Szenario Investoren bereit sein, sich hier zu engagieren?
Schlitzberger: Ich denke, Investoren, die sich hier ernsthaft engagieren wollen, können das zurzeit nicht. Die erklären allenfalls ihre Absicht und geben einen Letter of Intend ab. Oder Sie schließen ebenfalls aufschiebend bedingte Verträge. Kein Investor kann in einer solchen Phase verbindliche Verträge abschließen, weil die Domäne Beberbeck bis zu einem positiven Closing-Termin dem Land gehört. Deshalb befinden sich Stadt und Besitzgesellschaft derzeit in einem Teufelskreis.
Sie meinen, der Schlüssel für die Lösung der Problem liegt beim Land Hessen?
Schlitzberger: Ja. Das Land kann vor diesem Hintergrund die Staatsdomäne im Wert von cirka zehn Millionen Euro nicht einfach abgeben und dann auch noch 30 Millionen für Infrastruktur drauflegen. Heute wird in Beberbeck mit der Landwirtschaft Geld verdient. Solange nicht alle Bedingungen glasklar erfüllt sind und sich absehen lässt, dass sich ein Invest dort lohnt, dürfen die bestehenden Werte nicht riskiert werden. Das kann sich politisch niemand leisten. Der Finanzminister und insbesondere Wirtschaftsminister Posch, selber Nordhesse, sollten sich hier einschalten.
Wenn die große Nummer in Beberbeck tatsächlich gestoppt werden sollte, wie soll’s weitergehen?
Schlitzberger: So wie es jetzt läuft, besteht die Gefahr des Scheiterns. Das sollte aber nicht passieren. Denn wir brauchen Tourismus hier, das ist eine Chance für Hessens Nordspitze. Ich stelle mir eine Anlage vor, die sich mit den kulturellen Highlights in der Umgebung und dem Reinhardswald als Naturpark, mit Urwald und Staatsjagd, der Sababurg und dem Tierpark vernetzt. Und dabei hätte die erfolgreiche Landwirtschaft mit immer noch 500 Hektar Fläche eine Zukunftsperspektive.
Wären denn dafür politische Mehrheiten zu organisieren?
Schlitzberger: Ich glaube schon. Aber erst nach der Kommunalwahl am 27. März 2011. solange wird das noch eine Hängepartie.
Von Gerd Henke
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