Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Ferienresort Schloss Beberbeck

Presse Ferienresort Schloss Beberbeck


Quelle: FR-online.de 20.03.2009

Staatsdomäne Beberbeck

Herrschaftliche Pläne

VON KATJA SCHMIDT

Wenige Kilometer vor Beberbeck wird die Kreisstraße 55 zur schmalen Allee. Knorrige Eichen stehen links und rechts der Fahrbahn. Zunächst gibt Wald ihnen Rückendeckung, dann öffnet sich der Blick auf Felder und Wiesen. Dort liegt der winzige Ort mit den herrschaftlichen Gebäuden: ein klassizistisches Schlösschen, ein Park, dahinter ein früheres landgräfliches Gestüt. Auch heute ist es ein landwirtschaftlicher Betrieb, eine hessische Staatsdomäne. Es ist sehr, sehr ruhig in Beberbeck.

"Ein Ort zum Durchatmen und Den-Alltag-vergessen", so wirbt die Stadt Hofgeismar (Landkreis Kassel) für das Areal. Wenn es nach ihren Wünschen ginge, herrschte im Ortsteil reger Baubetrieb. In der historischen Anlage und rundherum soll ein üppiges Ferienresort entstehen: Fünf Hotels, 600 Apartments, Bungalows und Villen, vier Golfplätze, künstliche Seen, 500 000 Übernachtungen pro Jahr sind angepeilt. Eine Studie hat all das im Jahr 2005 für machbar erklärt.

Als der Masterplan für das "Schloss Beberbeck Resort" vorgestellt wurde, stand ein Baubeginn 2008 im Raum, das Wort Finanzkrise war noch ungebräuchlich. Zu Pfingsten 2011 sollte alles fertig sein. Heute wird noch immer ein Investor gesucht.

Szenen des Werbens sind vom 26. März an bundesweit im Kino zu sehen. Für "Henners Traum" hat Dokumentarfilmer Klaus Stern Hofgeismars Bürgermeister Heinrich Sattler (CDU) monatelang begleitet - auf Touristikmessen, zu arabischen Botschaftern und Hotelmagnaten. Heute nennt es Sattler einen Riesenfehler, dass er sich darauf eingelassen hat.

Die Hofgeismarer sind schon im Herbst in die Vorstellungen in Kassel geströmt. Das Informationsbedürfnis war riesig wie die Pläne. "Wir als Parlamentarier mussten ins Kino gehen, um Informationen über mögliche Betreiber und Investoren zu bekommen", klagt Frank Nikutta, Fraktionschef der SPD im Stadtparlament. "Uns hat der Bürgermeister immer gesagt: Kapital ist ein scheues Reh."

Dass in der Finanzkrise kein Kapital mehr zu ergattern sein wird, glaubt Wilfried Eckart nicht. Der Geschäftsführer der stadteigenen Domäne Beberbeck Besitzgesellschaft mbH, der auch für den verhinderten Bürgermeister Sattler spricht, sieht sogar Vorteile in der neuen Situation: "Alle Luftnummern sind geplatzt." In Beberbeck aber könne in tatsächliche Werte investiert werden, betont er. Um Finanziers der passenden Größenordnung zu finden, setzt die Stadt auf Finanzdienstleister. Berater, Anwälte, Planer stehen ihr zur Seite. Die GmbH hat schon zwei Millionen Euro ausgegeben.

Beim Thema Betreiber verweist Eckart auf drei "Letters of Intent", in denen Unternehmen Interesse an Hotels bekundet haben. Eines davon ist die Kempinski AG. "Aber das ist schon uralt", betont die dort für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Katrin Kleinhans. "Sehr, sehr vage."

Um nicht mit EU-Vergaberecht ins Gehege zu kommen, muss die Stadt jetzt eine europaweite Ausschreibung starten. Die Unterlagen sind in Vorbereitung. Auch das Baurechtsverfahren ist längst nicht zu Ende. Eine Prognose, wie lang es dauern wird, will Eckart nicht abgeben. Es müsse "gerichtsfest" abgeschlossen werden.

Schwierigkeiten zeichneten sich im Dezember bei einer Anhörung im Kreistag ab. Die untere Naturschutzbehörde nannte seltene Tierarten, die im Planungsgebiet leben und geschützt werden müssen: die Wildkatze, ein Käfer namens Eremit. Auch die Eichenallee war Thema. "Wenn man die Straße ordnungsgemäß ausbauen wollte, müssten viele dieser Bäume fallen", sagt Kreissprecher Harald Kühlborn.

Der SPD-Landrat will mittlerweile ein Projekt kleinerer Größenordnung. Die Genossen in Hofgeismar ebenso. "Nimm wahr die Zeit, sie eilet sich und kehrt nicht wieder ewiglich" steht über der Sonnenuhr an einem Domänengebäude. Ein paar Meter weiter hat der Leiter der Landwirtschaft in Beberbeck, Bernd Köhling, sein Büro. "Dass diese Planung ständig über uns schwebt, ist eine Katastrophe", sagt er. Nicht nur für den Wirtschaftsbetrieb und seine Entwicklungs- und Investitionsmöglichkeiten - auch für die 25 Mietparteien in Beberbeck.

"Willkommen in Schloss Beberbeck" - noch gilt das den Besuchern eines Pflegeheims, das die evangelische Altenhilfe Gesundbrunnen dort betreibt. 43 überwiegend demenzkranke Menschen leben in dem historischen Bauwerk. Erst vor ein paar Jahren hat das Land es aufwändig sanieren lassen. Die ausgemalte Kuppeldecke des Kirchenraums ist ein Schmuckstück, auch der Treppenaufgang. Die übrige Ausstattung entspricht dem Zweck Pflegeheim. "Man erlebt hier die Natur ganz bewusst mit", sagt Pflegedienstleiterin Gabi Pfläging. "Das lieben die Bewohner." Der aktuelle Mietvertrag gilt noch bis 2026.

Ersatz für das Altenpflegeheim, Jobs für die acht Domänen-Mitarbeiter, gesicherte Finanzierung des Projekts - all das muss die Stadt Hofgeismar erfüllen, bevor sie die Flächen vom Land kaufen kann. Eine Frist dafür läuft am 30. Juni ab. "An Was-wäre-wenn-Spielchen beteiligen wir uns nicht", heißt es im Umweltministerium auf die Frage nach einer Verschiebung - es wäre die zweite. Wiesbaden halte die Realisierung des Resorts für ein bedeutendes Tourismusvorhaben.

Manchen Bürgern platzt beim Thema Beberbeck der Kragen. Andere betonen: Arbeitsplätze in Nordhessen, das wäre was.

Wilfried Eckart glaubt, das Projekt sei eine "der wenigen Chancen überhaupt" für die Region. Dass das Ferienresort im Rathaus weiter Priorität genießt, ist nicht zu übersehen. Gleich neben der Anmeldung steht es im Modell. Die Häuschen und Hotelchen erinnern ein wenig an die Spielsteine beim Monopoly.


Staatsdomäne Beberbeck

Lage: Bei Hofgeismar im Landkreis Kassel, angrenzend an den Reinhardswald, nah dem Naturschutzgebiet Urwald Sababurg. Zur Zeit ein landwirtschaftlicher Betrieb mit 900 ha Land. Altenpflegeheim im Schloss Beberbeck.

Die Idee: Die Stadt Hofgeismar will ein Ferienresort auf 800 ha: mit fünf Hotels (2600 Betten), 600 Apartments, Bungalows und Villen (3400 Betten), künstlichen Seen, vier Golfplätzen, Trabrennbahn, Ponyhof. Insgesamt sollen 1800 Arbeitsplätze s entstehen.

Kosten: (geschätzt) 420 Millionen Euro. Ein Investor wird gesucht. Der Abschluss des Baurechtsverfahrens, Baubeginn und Fertigstellung sind noch offen. www.schloss-beberbeck-resort.de


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