Ferienresorts, Erlebnisbäder, Einkaufszentren - eine Millionen-Abzocke?

Ferienresort Schloss Beberbeck

Presse Ferienresort Schloss Beberbeck


Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, HGON und NABU zum "Ferien- und Freizeitresort Beberbeck"

Pressemitteilung, Hofgeismar, 2. 12. 2007

Alle drei Organisationen (BUND, HGON, NABU) sprechen sich nicht grundsätzlich gegen eine touristische Nutzung der Staatsdomäne Beberbeck aus.

Die Errichtung des Schloss Beberbeck Resort stellt jedoch einen in der 60-jährigen Geschichte Hessens beispiellosen massiven Eingriff in Natur und Landschaft dar und verlangt deshalb eine besonders gründliche wie sensible Bewertung der daraus resultierenden Folgen.

Lediglich der sukzessive Ausbau des Frankfurter Flughafens weist vergleichbare landschaftsökologische Dimensionen auf.

Die Auswirkungen dieses Projekts werden nicht nur für die Gemarkung Beberbeck, sondern darüber hinaus für weite Teile des Reinhardswaldes folgenreich sein. Sie stehen der Idee des "Beberbeck nachhaltig entwickeln" in vielerlei Hinsicht entgegen.

Flächeninanspruchnahme:

Die Wertminderung wertvoller Lebensräume, ja auch deren Verlust ist durch die Zerstörung von Wanderungsräumen vieler Tierarten und vorhandener Vernetzungsstrukturen zwischen dem westlichen Reinhardswald und dessen Kernfläche unstrittig. Dieser Sachverhalt muss in einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) detailliert beschrieben werden.

Besonders wichtige Bereiche sind die Naturschutzgebiete "Oberes Holzapetal" und "Urwald Sababurg" östlich des Projektes sowie der Naturraum um "Schweinswiese" im Südosten.

Die Abschirmung dieser ökologisch hochwertigen Areale muss kompromisslos erreicht werden. Ein wirkungsvoller, ungenutzter Pufferbereich zu diesen Gebieten ist zwingend erforderlich.

Die in der gegenwärtigen Planung dort vorgesehenen Einrichtungen sind ersatzlos zu streichen.

Wasser und Gewässerstrukturen:

Die Auswirkungen auf den Gebietswasserhaushalt sind von elementarer Bedeutung.

Die Fragen der Ver- und Entsorgung mit Trink- und Brauchwasser, der Belastung der Gewässer mit Pestiziden, Mineraldünger und den Einträgen aus dem Betrieb der Anlage sowie die Eingriffe in den Wasserhaushalt durch die Versickerung und Verdunstung der künstlichen Wasserflächen verlangen eine qualifizierte, wissenschaftlich fundierte hydrologische Untersuchung.

Gleichermaßen bedeutsam sind die Einflüsse auf die Abflussverhältnisse von Holzape und Nieme einschließlich der Lebensraumqualität der dort lebenden Tier- und Pflanzenwelt. Das schließt die Quellen im weiteren Umfeld mit ein.

Die Ausweisung der beiden Naturschutzgebiete "Oberes Holzapetal" und "Urwald Sababurg" als FFH-Gebiet macht ein besonderes Verfahren unumgänglich.

Ebenso verlangt die zu erwartende negative Einflussnahme auf die grundwasserbeeinflussten Waldbereiche im umliegenden Reinhardswald ein forstlich-ökologisches Beweissicherungsverfahren.

Schallemissionen:

Die Durchführung schallintensiver Freiluftaktivitäten wie Rockkonzerte oder diverse Motorsportangebote kann die Vogelwelt sowie die Fledermauspopulation erheblich schädigen. Dies ist gutachterlich zu untersuchen.

Lichtemissionen:

Die notwendige umfangreiche Beleuchtung der Anlage und der Verkehrswege sowie Flutlicht jeder Art für Aktivitäten in der Dunkelheit können massive negative Auswirkungen auf die Vogelwelt, besonders zur Zugzeit, die Insekten und die Fledermäuse zur Folge haben.

Dazu ist ein Gutachten erforderlich.

Jede Art von eventorientierter Beleuchtung wird für den Außenbereich abgelehnt.

Verkehrssituation:

Der Betrieb von 7.100 Gästebetten, die Fahrten von mehr als 1.000 Beschäftigten, die Andienungsfahrten durch Lieferanten, Handwerker und anderer Dienstleister sowie der Besuch von mehr als 1.000 Tagesgästen bzw. externen, regelmäßigen Anlagennutzern wird zu einem täglichen Verkehrsaufkommen führen, für das es in Europa bisher keinen Erfahrungshorizont gibt.

Selbst die besonders gut frequentierten Sonderveranstaltungen im Tierpark Sababurg erreichen nicht annähernd diese Bewegungsfrequenzen, lassen aber erahnen, mit welchen Belastungen der Infrastruktur zu rechnen ist.

Weder die Anbindung von Westen her über die Beberbecker Allee noch die von Osten (BAB A7) über die Reinhardswald-Höhenstraße dürfte im gegenwärtigen Ausbauzustand diesen Belastungen gewachsen sein.

Das gilt auch für die Anbindung von Süden aus Kassel durch den Reinhardswald über Holzhausen wie aus Richtung Kassel/Calden über Udenhausen/Hombressen.

Ein qualifiziertes Verkehrsgutachten ist deshalb zwingend erforderlich.

Auswirkungen auf die anderen Bereiche des Reinhardswaldes:

Diese in Europa beispiellose Anlage wird niemals ohne massive negative Folgen für die restliche Fläche des Reinhardswaldes betrieben werden können.

Die außergewöhnliche Eignung und Bedeutung dieses Waldgebietes für den "Sanften Tourismus" ist bekannt und dokumentiert. Sie wird bereits jetzt wirtschaftlich erfolgreich genutzt.

Sein Alleinstellungsmerkmal beruht auf der hochkarätigen Verbindung von Geschichte, Kultur und Natur, von Wildnis und Ruhe, von Erleben und Genießen.

Die Ausweisung der südlichen Hälfte als Wildschutzgebiet (seit 1866) unterstreicht diesen Aspekt ebenso wie die qualitative Bewertung zahlreicher Naturschutzgebiete, FFH-Flächen und des Naturwaldreservates.

Der Reinhardswald in der jetzigen Form ist das Herz der Deutschen Märchenstraße und liefert die perfekte Kulisse für deren national wie international herausragende Vermarktungschance.

Gleichzeitig ist im Reinhardswald ein hochwertiges Artenspektrum aus unterschiedlichen Tier- und Pflanzenbereichen nachgewiesen, das bundesweite Bedeutung hat.

So liegt in Rufweite des Resorts mit dem "Urwald Sababurg" das älteste Naturschutzgebiet Hessens. Es weist bereits jetzt einen jährlich steigenden Besucherdruck auf, dessen negative Folgen nicht mehr zu übersehen sind. Der Betrieb des Resorts wird die Besucherzahl um ein Mehrfaches steigern.

Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt des Reinhardswaldes:

Exemplarisch soll die Wildkatze genannt werden, die als Art der "Roten Liste" und als FFH-geschützte Art einen außergewöhnlichen Schutzstatus genießt. Sie kommt im Reinhardswald flächendeckend vor, so auch in der Gemarkung Beberbeck, ist äußerst störungsempfindlich, durch den Straßenverkehr besonders gefährdet und wird bei einer deutlich gestiegenen flächenmäßigen Grundbelastung in erhebliche Gefahr geraten.

Der Reinhardswald ist, wie auch der benachbarte Solling, der Bramwald und der Kaufunger Wald, ein wichtiger Teil der verinselten Restpopulation in Deutschland.

Auswirkungen durch die anzubietenden Freizeitaktivitäten:

Die für den Betrieb des Resorts notwendigen Freizeitaktivitäten werden weit über die Fläche des Resorts hinaus wirken.

Gelände- und Distanzreiten, Ausflüge per Pferd oder Pony, Kutschfahrten, Schlittenoder Wagenhundetouren, Ausflüge per Fahrrad, Mountainbiketouren, Kanufahrten auf der Diemel, Fahrten mit Quads oder Geländemotorrädern, natur- und kulturorientierte Exkursionen, Wanderungen, Walking, Überlebensattraktionen, Fotosafaris und viele andere Dinge mehr werden weite Teile der Reinhardswald-Landschaft massiv in Anspruch nehmen.

Diese Auswirkungen sind gutachterlich umfassend zu analysieren und verlangen eine vertragliche Festlegung.

Tabuzonen sind erforderlich:

Für den Reinhardswald wird die Ausweisung von großräumigen Puffer- und Tabuzonen verlangt, in denen zur Abwendung der vorher geschilderten negativen Einflüsse jede Einrichtung von erholungsorientierter Infrastruktur unterbleibt und die von derartigen Veranstaltungen nicht in Anspruch genommen werden dürfen.

Dazu zählen alle Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete, FFH-Flächen, das Naturwaldreservat "Weserhänge" , die Bestände gepflanzter Huteeichen, der Friedwald Reinhardswald und die für die Entwicklungszyklen der Rotwildpopulation notwendigen Kerngebiete.

Ebenso zählen dazu die Waldfließ- und Stillgewässer.

Die zu erwartende steigende Grundbelastung des vorhandenen Wegenetzes durch Wanderer, Radler und Reiter sowie den Forst- und Jagdbetrieb macht eine Entflechtung der Nutzung erforderlich.

Die Wahrung der ökologischen Qualität verlangt in einigen Bereichen eine wirkungsvolle Sozialkontrolle (z. B. durch Ranger). Dazu müssen die Betreiber des Resorts vertraglich verpflichtet werden.

Alleen und Einzelbäume:

Das Alleesystem in der Gemarkung Beberbeck und den anschließenden Landschaftsbereichen sowie markante Einzelbäume sind das besondere Kapital dieses Naturraums.

Die Einbeziehung dieser Elemente in das Nutzungskonzept für die Verkehrsbewegungen innerhalb des Resorts sowie das Netz der Wander-, Rad- und Reitwege führt zu dramatischen Konflikten mit der Verkehrssicherungspflicht, die dort in der schärfsten Auslegungsstufe praktiziert werden muss.

Das wird dazu führen, dass in wenigen Jahren der Bestand und der Charakter dieser Einzelbäume zerstört und dann auch das Vorhandensein der Alleen wegen der notwendigen Eingriffe in Frage gestellt sein wird.

Diese Frage ist gutachterlich zu bewerten.

Fazit:

Der Naturraum Reinhardswald wird durch den Betrieb des Resorts Beberbeck in seiner ökologischen wie landeskulturellen Substanz erheblich belastet.

Dies erfordert eine umfassende, in die Tiefe gehende Analyse der zu erwartenden negativen Wirkungskomponenten auf den Naturraum, der zu befürchteten Minderung seiner Qualität für den "Sanften Tourismus", seiner Belastungsgrenzen und der Wahrung der Rechtsnormen für die ausgewiesenen Schutzgebiete.

Deshalb ist eine vorurteilsfreie, wissenschaftlich fundierte Bewertung der vorgenannten Einzelpunkte zwingend geboten.

Im Bewusstsein, dass heute unterschätzte bzw. nicht wahrgenommene Gefährdungen später zu irreparablen Schäden führen werden, ist diese Forderung auch als Hinweis auf das Postulat nachhaltigen, enkelgerechten Handelns zu verstehen.

Fragen?? Weitere Auskünfte gibt Ihnen:

Hermann-Josef Rapp
Leipziger Str. 15, 34359 Reinhardshagen
Tel. 05544-1011
eMail: h-j.rapp@t-online.de
www.bund-hessen.de
Stand: 05.12.2007


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